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Liuma AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Liuma AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.
Liuma AG (Preisträgerin 2019)
Engagement auf höchster Stufe
«Ich bin acht Minuten tot gewesen», erzählt Giancarlo. Herzinfarkt. Zwei erfolglose Wiederbelebungsversuche. Beim dritten Mal schaffen es die Ärzte: Sie können Giancarlo reanimieren, holen ihn zurück ins Leben. «Und dann ist die schwere Zeit losgegangen», sagt der 54-Jährige. Seine damalige Arbeit in einem Call-Center kann er nicht mehr bewältigen: zu viel Stress. Es folgt eine Negativspirale. Zu den Herzproblemen kommt die psychische Belastung. «Ich war nicht mehr ich selbst, hatte keine Hoffnung mehr.» Das ändert sich bei seinem ersten Besuch in der Liuma AG, Volketswil.
Firmengründer und Geschäftsführer Urs Keller ist Unternehmer durch und durch. Seine erste Firma, ein Unternehmen für Gartenbau, gründet er mit 23 Jahren. Wenige Jahre später kommt die Liuma AG hinzu. Mit zwölf Mitarbeitenden bietet er in dem Betrieb Hauswartungen, Grünpflege und Bootsservice an. Als der leidenschaftliche Segler bei einem Vereinstreffen von der We-Care Arbeitsintegration hört, ist er sofort begeistert. «Jeder hat das Recht auf einen Platz in der Arbeitswelt. Eine Aufgabe haben, Wertschätzung erfahren: Das gibt einem in einer so schweren Situation Auftrieb», sagt Urs Keller. Er weiss genau, wovon er spricht. Nach Operationen an beiden Händen war er selbst lange krankgeschrieben. Wegen Komplikationen bei der Narbenbildung hat er noch immer mit Einschränkungen und Schmerzen zu kämpfen. «Wir haben alle unsere Stärken und vielleicht auch ein kleines Handicap», sagt er nachdenklich. Integration ist für ihn eine Herzensangelegenheit.
Zehn Arbeitsversuche, zwei Festanstellungen
«Es gibt einem persönlich sehr viel, wenn man sieht, wie die Leute ihren Weg gehen», sagt Urs Keller. Er berichtet von der enormen persönlichen Entwicklung, die viele Personen im Arbeitsversuch machen. «Manche können beim ersten Kontakt kaum reden und blühen regelrecht auf. Am Ende sagen sie: ‹Das habe ich dank Ihnen geschafft.›» Integration sei bei der Liuma AG aber eine Teamleistung.Den Entscheid für die Zusammenarbeit mit der We-Care Arbeitsintegration hat der Geschäftsführer gemeinsam mit seinen Mitarbeitenden getroffen. Auch im Alltag stehen routinierte Kolleginnen und Kollegen den Wiedereinsteigern bei. «Das ist wichtig, weil die Leute anfangs an ihre Grenzen kommen», erklärt Urs Keller. In solchen Situationen dürfen sie sich die Zeit nehmen, die sie brauchen. Sobald es wieder geht, kehren sie an den Arbeitsplatz zurück. So ist der schrittweise Wiedereinstieg möglich. Zehn Personen konnten in den vergangenen drei Jahren Arbeitsversuche bei der Liuma AG machen – zwei von ihnen haben im Anschluss eine Festanstellung erhalten. «Meine rechte und meine rechte Hand», nennt Urs Keller die beiden. Eine von diesen beiden rechten Händen ist Giancarlo.
Gegenseitige Wertschätzung
Für den 54-Jährigen war Urs Keller der «Rettungsanker». Eineinhalb Jahre nach dem Herzinfarkt kann Giancarlo bei der Liuma AG anfangen. «Ab diesem Tag ging es wieder aufwärts mit mir», erzählt er. Der Arbeitsversuch beginnt mit einem 50-Prozent-Pensum. Der 54-Jährige hat Spass an seinen Aufgaben als Hauswart, arbeitet sich schnell ein. Nach und nach geht es ihm besser, er kann das Pensum erhöhen. Und dann sein grosses Glück: Eine reguläre Stelle als Hauswart wird frei. Die Liuma AG stellt den 54-Jährigen 2017 fest an. Wenige Zeit später kann er zusätzlich Aufgaben im Büro übernehmen. «Ich hatte so viel Glück», sagt er. Seinem Chef werde er ewig dankbar sein. Die Wertschätzung beruht auf Gegenseitigkeit. «Ich kann mich hundertprozentig auf Giancarlo verlassen», sagt Urs Keller.
Die Erfolge zu sehen, ist das schönste Gefühl.
«Ich habe mich vor der Welt verschlossen»
Leonora ist Urs Kellers «zweite rechte Hand» – er verlässt sich voll und ganz auf die 40-Jährige. Noch vor einem Jahr wäre das undenkbar gewesen. Das Leben der zweifachen Mutter ist komplett aus den Fugen, als sie das erste Mal zur Liuma AG kommt. Posttraumatische Belastungsstörung. Jeder Schritt, jedes Gespräch ist eine Herausforderung. «Ich habe mich vor der Welt verschlossen», erzählt Leonora. Langsam tastet sie sich im Arbeitstraining bei We-Care an die Arbeit heran, zuerst in einem 20-Prozent-Pensum. Bei der Liuma AG kann sie anschliessend mit einem 50-Prozent-Pensum in den Arbeitsversuch starten. Die neue Aufgabe wird zum Katalysator für ihre Genesung. Urs Keller gewinnt schnell vollstes Vertrauen und bietet der 40-Jährigen eine Festanstellung im 100-Prozent-Pensum an. Heute ist sie nicht mehr aus der Liuma AG wegzudenken. «Ich habe den besten Job der Welt. Mit dieser Arbeit hat sich ein Traum erfüllt», sagt Leonora.
«Kein Grund zum Aufgeben»
Nicht alle Eingliederungen laufen so optimal wie bei Leonora und Giancarlo. «Kein Grund zum Aufgeben», findet Urs Keller. «Manchmal sind die Leute einfach noch nicht so weit.» Eine Chance verdienen sie trotzdem. Obwohl es für einige noch zu früh für den definitiven Wiedereinstieg ist, sammeln sie wertvolle Erfahrungen bei der Liuma AG. Der Arbeitsversuch kann ein erster Schritt zurück in die Berufswelt sein – auch wenn der Weg lang ist. «Der Versuch lohnt sich allemal», findet Urs Keller und hofft, dass seine Erfahrungen auch andere Unternehmen für die Eingliederung begeistern können. Er ist überzeugt: «Wir alle haben eine soziale Verantwortung. Ausserdem lohnt sich dieses Engagement auch für den Betrieb.» Der Zusammenhalt im Team, die Motivation und Treue der Mitarbeitenden – für Urs Keller gibt es viele Gründe, Personen mit Handicap zu integrieren. Und dann der persönliche Mehrwert: «Die Erfolge zu sehen, ist das schönste Gefühl.»
Integration konkret bei der Liuma AG
Die Liuma AG beschäftigt 12 Mitarbeitende. In Arbeitsversuchen erhalten Menschen mit Beeinträchtigung regelmässig die Chance, sich wieder in der Arbeitswelt zu beweisen. Wenn möglich bietet die Liuma AG im Anschluss an den Arbeitsversuch eine Festanstellung.
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2018: Eine Frau mit posttraumatischer Belastungsstörung erhält eine Chance in der Administration. Nach dreimonatigem Arbeitsversuch sind beide Seiten zufrieden. Es folgt eine Festanstellung im 100-Prozent-Pensum. | 2017: Ein 54-Jähriger leidet an einer Herzerkrankung, die mit psychischen Belastungsmomenten einhergeht. In einem dreimonatigen Arbeitsversuch kann er sich in der Hauswartung beweisen. Er erhält eine Festanstellung als Hauswart und wird inzwischen zusätzlich im Büro eingesetzt. Arbeitspensum: 90 Prozent. |