Gastfreundliche Oase
Eine Frau sitzt beim späten Mittagessen, ein Vater kommt mit seinem Kind im Vorschulalter herein, zwei Seniorinnen unterhalten sich bei einem Glas Wein, zwei junge Frauen beugen sich über Papiere. Vom Strassenlärm ist nichts zu hören, das Gnädinger am Schaffhauserplatz in Zürich ist eine gemütliche Oase. Genau dafür wird hinter der Theke, in der Küche, Bäckerei und Confiserie einiger Aufwand betrieben. Aber auch dort wird Gastfreundschaft grossgeschrieben: «Wie viele Menschen wir reinnehmen und ihnen eine Chance auf Arbeit geben, ist uns gar nicht so bewusst», sagt Yasmine Gnädinger. Sie führt gemeinsam mit ihrem Mann Andy Gnädinger, einem Enkel der Firmengründer, den Familienbetrieb seit zwölf Jahren. Das soziale Engagement habe lange vor ihrer Zeit angefangen.
«Wir erhalten viele Blindbewerbungen. Das freut mich besonders. Denn wer sich selber meldet, will wirklich arbeiten. Und darauf kommt es mir an.» Es melden sich auch Bewerberinnen und Bewerber ohne gesundheitliches Handicap, die es schwer haben auf dem Arbeitsmarkt: Menschen, die zu wenig gut Deutsch sprechen, Menschen mit Flüchtlingsherkunft. «Mein Mann und ich sagen immer: ‹Irgendwo haben wir auch einen sozialen Auftrag. Die Leute müssen doch auch eine Aufgabe haben.›» Können die beiden denn so viele Leute im Betrieb unterbringen? «Wir haben 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, viele davon langjährig. Der Frauenanteil liegt bei 80 Prozent. Da gibt es immer wieder Vakanzen.»
Gut eingespielte Produktion
Bis auf acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der nahe gelegenen Backstube arbeitet das gesamte Personal im Stammhaus. Vom Keller bis unters Dach: Überall wird gearbeitet. Kaum zu glauben, was die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Küche, im Traiteur-Bereich, in der Backwaren-Produktion und in der Confiserie alles produzieren. Wegen der beschränkten Platzverhältnisse muss alles gut eingespielt sein. Beim Besuch Anfang Februar ist die Osterhasenproduktion in vollem Gang. Das ganze Hasensortiment entsteht in einem Raum, der nur wenig grösser ist als eine Wohnungsküche. Traditionsgemäss in Handarbeit, die älteren Modelle in Metallformen aus der Zeit der Firmengründer. Zuerst kommt das
Schminken: Eine Confiseurin trägt mit einem kleinen Dressiersack die Verzierungen in weisser und dunkler Schokolade auf die Formeninnenseite auf. Erst wenn sie trocken sind, kommt die Milchschokolade in die Schale. Auf einer Ablagefläche sind zwei Dutzend gefüllte Formen zum Abkühlen aufgereiht.