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Schloss-Garage Winterthur AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Schloss-Garage Winterthur AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.
Antrieb für Integration
Schloss-Garage Winterthur AG (Finalistin 2024)
Ein Hauch Glamour umfängt Kundinnen und Kunden im Show-Room der Schloss-Garage. Am Standort Winterthur, der grössten Schweizer Alfa Romeo- und Abarth-Vertretung, funkeln schwere Strassenkreuzer um die Wette mit kompakten Flitzern der italienischen Liebhaber-Marken. An der Wall-of-Fame dokumentieren handsignierte schwarz-weiss-Fotos die Erfolge einstiger Rennsport-Grössen in abenteuerlichen Kisten. Der grösste Hingucker aber hängt quer an einer Wand: Ein echter Rennbolide – gebaut und gefahren vom Seniorchef Peter Maier. Dessen Sohn Christian ist stolz, das traditionsreiche Geschäft schon in vierter Generation zu führen. Was er und seine Frau Julia nirgendwo zur Schau stellen: Seit fünf Jahren integrieren sie Mitarbeitende mit Beeinträchtigungen in ihr 30-köpfiges Team – und fahren auch damit gut.
Eine diskrete Erfolgsgeschichte
Die Personalverantwortliche sieht es als «unseren Auftrag», nicht nur die Besten vom Arbeitsmarkt zu holen, sondern auch Menschen mit Handicap in die normale Wirtschaft zu integrieren. Den Mitarbeitenden verschaffe die Integration in den ersten Arbeitsmarkt Selbstvertrauen. Und für den Betrieb ist das Integrationsmodell, wie sie sagt, «eine Erfolgsgeschichte». Eine sehr diskrete: Da ist zum Beispiel der junge Mann am Schreibtisch hinten bei der Kaffee-Theke. Der 28-Jährige leitet seit Februar die Administration der Verkaufsabteilung. Dabei sass er noch vor gut drei Jahren nach einem schweren Motocross-Unfall im Rollstuhl.
«Am Anfang ist eine Welt zusammengebrochen», erzählt Severin* bei einem Espresso in einer Pause. An ein Zurück in seinen Lehrberuf als Karosserie-Spengler war nach sechs Hüft- und Beinoperationen nicht mehr zu denken. Aber Aufgeben war «keine Option». Er liess sich mit Hilfe der SVA Zürich zum Kaufmann umschulen und bewarb sich bei der Schloss-Garage. Dort richteten sie ihm im Mai 2021 eine 60-Prozent-Stelle ein. Von Beginn an habe man «auf Augenhöhe gearbeitet», sagt Severin*, «es ist mega familiär». Als er einmal anbot, Reha-Massnahmen aufzuschieben, habe er gehört: «Die Gesundheit geht vor!» Julia Maier sagt: «Severin* war attraktiv für uns», zum einen, weil er viel von Autos verstand, zum anderen, weil die IV-Stelle der SVA Zürich in den beiden Jahren der berufsbegleitenden Umschulung den Lohn nahezu vollständig übernahm. «Er hat uns fast nichts gekostet – ausser Aufmerksamkeit.»
Die Leistung muss stimmen
Mit freundlicher Zugewandtheit allein wäre es freilich nicht getan. Selbst bei etablierten Autohändlern geht es inzwischen häufig ums Überleben. Insofern war es ein Glücksfall, dass Severin* den Kunden inzwischen sogar das neuartige Auto-Abo vermitteln kann – ein Vertriebsmodell jenseits von Verkauf und Leasing. Wenn Christian Maier sagt: «Die Leistung muss natürlich stimmen, damit sich das Engagement für alle lohnt», ist das also als Bestätigung für den Mitarbeiter zu verstehen. Und als Tadel für eine verfehlte Politik: «Wir haben in Europa so eine Art «Disneyland der Beschäftigung» geschaffen.» Niemand habe aber etwas davon, wenn man Menschen auf Kosten der Allgemeinheit irgendwo parkt.
Wir haben in Europa so eine Art Disneyland der Beschäftigung geschaffen.
Gutes Geld für echte Arbeit
Der Antrieb dafür, Menschen mit Einschränkungen oder in sozialen Schwierigkeiten zu integrieren, scheint dennoch zu einem guten Teil im Naturell der Familie zu liegen. Julia Maier, Mutter von drei Kindern zwischen 10 und 15 Jahren, arbeitet parallel zum Autobetrieb als Primarlehrerin. Mit ihrer «Deutsch als Zweitsprache»-Qualifikation setzt sie schon von Berufs wegen aufs Verstehen, auf Verständnis und aufs Inkludieren. Und das ist auch in zwei weiteren Fällen gelungen: Der 51 Jahre alte Mirco* hatte ein Burnout. Im Rahmen einer Umschulung absolvierte er ein Praktikum in der Administration des Betriebes. Nach Ende des Praktikums ergab sich dann eine Möglichkeit, fest in der Schloss-Garage zu arbeiten: Sein neuer, verantwortungsvoller Job: Einreichen und Verwalten der Garantieanträge der Werkstatt. Zu viele Leute erträgt Mirco* nach wie vor nicht: Er bezieht eine volle IV-Rente und arbeitet 30 Prozent, teilweise von Zuhause aus.
Im April 2022 startete die Schloss-Garage einen Arbeitsversuch auch mit Can*. Die CB-Stiftung als Integrationspartnerin der SVA Zürich fragte für ihren Klienten aus einer Migrantenfamilie an. Der Mann sei Anfang 30, habe zwei Kinder, lebe nach seiner Scheidung bei den Eltern und müsse drei Mal die Woche zur Dialyse. Eine Stelle als Auto-Aufbereiter würde vielleicht passen, überlegten die Maiers und berieten sich mit dem Team. «Ohne diese einfachen Jobs geht es nicht», sagt Christian Maier, die müsse man erhalten. Es sei «der Schlüssel für die Zukunft dieser Gesellschaft, dass jeder so arbeiten kann, wie es für ihn möglich ist.» Wichtig also, dass Menschen wie Can* zusätzlich zur IV auch gutes Geld für echte Arbeit verdienen. Mit Cans* Umsicht und Gewissenhaftigkeit sind hier alle «absolut zufrieden», wie Julia Maier versichert. Wenn er putzt, saugt, imprägniert und poliert trägt er sehr konkret bei zu Glanz und Glamour in Werkstatt und Show-Room.
*Namen von der Redaktion geändert
Integration konkret bei der Schloss-Garage Winterthur AG
Die Geschichte der Schloss-Garage Winterthur AG reicht über 100 Jahre zurück. Sie ist schweizweit die grösste Vertretung für Alfa Romeo und Abarth. Seit über fünf Jahren integriert das Unternehmen Menschen mit gesundheitlichen Beeinträchtigungen in sein 30-köpfiges Team.
Neueinstellungen |
Zwischen 2017 bis 2023 haben drei Per-sonen eine Festanstellung erhalten. Eine nierenkranke Person, die regelmässig zur Dialyse muss, konnte zu 40 Prozent angestellt werden. Eine weitere Person konnte nach einem Unfall nicht mehr in ihren früheren Beruf in der Automobilbranche zurückkehren. Dieser Person wurde eine Umschulung im kaufmännischen Bereich und eine Anstellung zu 60 Prozent in der Administration ermöglicht. Seit erfolgreichem Abschluss seiner Umschulung im Februar 2024 arbeitet er zu 100 Prozent als Leiter Verkaufsadministration.
Eine Person mit IV-Rente und psychischer Erkrankung war während mehreren Monaten arbeitsunfähig. Sie erhielt die Möglichkeit bei der Schloss-Garage ein Praktikum zu absolvieren. Im September 2017 konnte die Person in einem Pensum von 30 Prozent als Mitarbeiter in der Werkstatt-Administration angestellt werden. |