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Pflege Eulachtal
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Pflege Eulachtal
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.
Gut gepflegtes Personal
Pflege Eulachtal (Finalistin 2024)
«Die schönsten Dinge im Leben», hat jemand auf Italienisch an die Fototafel im tageslichthellen Flur geschrieben, «sind nicht die Dinge, sondern die Menschen, die Orte, die Erinnerungen, das Lachen und die Gefühle.» Schnappschüsse zeigen Männer und Frauen im fortgeschrittenen Alter, die einen Weihnachtsbaum schmücken, die sich Elchgeweihe auf den Kopf setzen, die einer Querflötistin lauschen oder gestenreich miteinander diskutieren. Das Besondere: Weder auf den Bildern vom Weihnachtsfest, noch an diesem ganz normalen Februarnachmittag lässt sich sagen, wer hier im Staub/Kaiser Haus wohnt, wer hier arbeitet, wer nur zu Besuch ist: Die Pflegekräfte tragen nie Kittel – und sie teilen den Alltag mit den pflegebedürftigen Menschen, die vorwiegend aus Italien und anderen mediterranen Ländern stammen. «Es ist kein Heim», sagt Simone Costa, Geschäftsleitung Pflegedienst der Stiftung Eulachtal, «sondern ein Daheim.»
Dieses Daheim ist konzipiert nach einem wissenschaftlich entwickelten psycho-biografischen Pflegemodell. Es fördert grösstmögliche Alltagsnormalität des Individuums, aber auch das Leben in Gemeinsamkeit. Vor vier Jahren wurde es erweitert um die niederländische Methode der Mäeutik, zu Deutsch «Hebammenkunst». Zutage gefördert wird der Sinn der Pflegenden für das, worauf es in einer ganzheitlich verstandenen Pflege ankommt: Eben die bewegenden Momente, die gelungenen Begegnungen. Dieses Konzept stellt hohe menschliche und fachliche Ansprüche an die Mitarbeitenden. Umso mehr Wert legt die Eulachtal-Stiftung auf deren Gesunderhaltung. Yogakurs und Atemtherapie gehören zu den regulären Angeboten. So manche der rund 340 Angestellten wissen aus eigener Erfahrung, wie es ist, wegen körperlicher oder psychischer Einschränkungen auf Hilfe angewiesen zu sein.
Seit mehr als einem Dutzend Jahren kooperiert die Stiftung Eulachtal nun schon mit Integrationspartnern wie der Wisli-Stiftung. Mit finanzieller und personeller Unterstützung der SVA Zürich werden Menschen mit Handicap in ein Arbeitsleben im Haupthaus in Elgg oder in den fünf dörflichen Dependancen integriert. Mit nachhaltigem Erfolg: Bereits vor elf Jahren hat die Gesamteinrichtung den This-Priis gewonnen. Seit damals hat sich viel geändert. Die Personalverantwortliche Ursula Plaz sagt: «Heute werden Menschen bei uns nicht mehr einfach nur beschäftigt. Sie arbeiten auf Stellen im ersten Arbeitsmarkt. Also da, wo sie wirklich gebraucht werden.»
Vom IV-Fall in die Leitungsebene
Nadja* und Joao* sind zwei der zahlreichen Integrationserfolge aus jüngster Zeit. Im vertrauensvollen Klima der Eulachtal-Häuser haben sie jeweils eine erstaunliche Entwicklung durchlebt. Nadja* war noch vor vier Jahren hinter der Kasse einer Supermarktkette gesessen. Ein Hörsturz raubte der heute 41-Jährigen fast vollständig das Gehör, und als dann in der Coronazeit Masken und Plexiglasscheiben Kundschaft und Kasse trennten, war es auch mit dem Lippenlesen vorbei. Kündigung und Trennung vom Ehemann mündeten in einer depressiven Phase. Nadja erhielt IV-Unterstützung – und kam vor zwei Jahren in einen 50-Prozent-Arbeitsversuch in Eulachtal.
Personalerin Plaz, eine geübte Netzwerkerin, hatte Nadjas Eingliederungsberaterin bei der SVA Zürich gekannt – und wie so oft einen Platz im Angebot. In diesem Fall: Im Hausdienst der Hotellerie des Haupthauses in Elgg. Los ging es mit zwei Stunden pro Tag. Im Aufbautraining wurden es dann bis zu sechs Stunden. Seit einem Jahr nun schon ist Nadja mit 100 Prozent fest angestellt, sie arbeitet acht Stunden am Tag in der Abteilung Wäscherei und Reinigung. Nach einer Weiterbildung und Spezialisierung in dieser Abteilung ist sie in die Leitungsebene aufgestiegen und erstellt Einsatzpläne.
Eigener Wille und Vertrauen der anderen
So kam auch Joao* mit Mitte 50 nach Eulachtal – wider jede Wahrscheinlichkeit: Der unerbittliche Arbeitsalltag in einem Frankfurter Pflegeheim hatte den Mann in einen Burnout getrieben, dazu kamen Alkohol und Drogen. Mit der Pflege wollte er nichts mehr zu tun haben. Konnte man so jemanden den Bewohnerinnen und Bewohnern zumuten? Doch Ursula Plaz erkannte das Potenzial des Portugiesen. Dem Job Coach der SVA Zürich versicherte sie: «Jemanden, der so lange in der Pflege gearbeitet hat, lassen wir nicht einfach ziehen.» Wie bei den zahlreichen Integrationsversuchen davor besprach man sich zunächst im Team. Und weil alle bereit waren, für Joao* einzustehen, begann er als Hilfspfleger.
Heute werden Menschen bei uns nicht mehr einfach nur beschäftigt.
Einmal im Monat traf man sich in der SVA Zürich, und nach einem halben Jahr schon beschlossen Job Coach, Pflegeleitung und Joao*: Es geht weiter. Seit einem Jahr ist er inzwischen tätig, immer noch begleitet von der IV-Stelle. «Es hat gedauert, bis er gemerkt hat, dass es hier ganz anders läuft als in Deutschland», sagt Ursula Plaz, «viel ruhiger, eben im Einklang mit den Bedürfnissen der Bewohnerinnen und Bewohner.» Joao* habe sich «extrem gut integriert.» Entscheidend gewesen sei sein eigener Wille – und das Vertrauen, das ihm das Team entgegengebracht hat.
Wie schnell es gehen kann, dass man auch als verdienter Mitarbeitender plötzlich auf Hilfe angewiesen ist, erlebte der Betriebsleiter und Pflegefachmann Mirsad: Nach vielen Jahren im Dienst erlitt er bei einem Autounfall im November schwere Verletzungen. Derzeit erfolgt die Wiedereingliederung zu 50 Prozent. Auch er hat an diesem Montagnachmittag Dienst. Und nutzt das Teamtreffen hier im fein möblierten Aufenthalts- und Essraum für eine spontane Dankesrede: «Mehr als die Hälfte der Belegschaft ist zu mir nach Hause gekommen. Die Geschäftsleitung hat nicht nur Blumen vorbeigebracht, sondern auch Essen. Ich habe euer Mitgefühl gespürt – das hat mich wieder aufgestellt.»
*Name von der Redaktion geändert
Integration konkret bei der Pflege Eulachtal
Bereits seit über 10 Jahren arbeitet die Pflege Eulachtal in Elgg mit den Integrationspartnern der SVA Zürich zusammen. Mit dem Ziel, Menschen mit einer Beeinträchtigung den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu ermöglichen. Das gelingt: Rund zehn Prozent der 340 Mitarbeitenden haben eine gesundheitliche Einschränkung.
Neueinstellungen | Arbeitsplatzerhalt | Arbeitsversuche |
In den letzten zwei Jahren konnten zwei Menschen mit einem Handicap fest angestellt werden. Eine Person wurde nach einem Burnout im Pflegebereich eingestellt. Eine weitere Person arbeitet nach einem Hörsturz im Hausdienst und in der Wäscherei. | Die Pflege Eulachtal ist im Bereich Arbeitsplatzerhalt sehr engagiert. Es wird immer nach Lösungsmöglichkeiten gesucht. Entweder erfolgt eine Versetzung in einen an-deren Bereich oder es werden Anpassungen am Arbeitsplatz vorgenommen. |
Das Unternehmen führt seit vielen Jahren kontinuierlich Arbeitsversuche durch. Ziel ist es, den Betroffenen nach Möglichkeit immer einen festen Arbeitsplatz anzubieten. |