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Musik Hug
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Musik Hug
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.

Klare Töne, grosse Wirkung
Musik Hug (Finalistin 2023)
Als Musik Hug 1807 gegründet wurde, war das moderne Klavier noch gar nicht erfunden. Das Zürcher Unternehmen ist eines der ältesten Musikhäuser der Welt. In jüngerer Zeit hat es eine turbulente Phase hinter sich. Zu Beginn war die Firma im Notenverlags- und Notenverleihwesen tätig, dann auch im Handel und Unterhalt von Musikinstrumenten. Später kam der Tonträger-Verkauf hinzu. Zu Spitzenzeiten machte dieser fast die Hälfte des Umsatzes aus. Der rasante Wegbruch des CD-Geschäfts stürzte das Traditionsunternehmen in eine regelrechte Krise. Es wurde klar: Um zu überleben, muss sich Musik Hug verändern.
2017 verkaufte die Besitzerfamilie das Unternehmen an Adrian Lohri und seine zwei Geschäftspartner. Zusammen mit dem Management und der Belegschaft konnten die neuen Eigentümer das Geschäft stabilisieren und befinden sich nun inmitten eines Change-Prozesses. «Wir möchten uns von einem zentralistisch geführten Unternehmen in eine SGV-Organisation verwandeln», erklärt CEO Adrian Lohri. Der eigens kreierte Begriff steht für selbstorganisierte, gleichwertige, vernetzte Teams. Die Hierarchien sollen flach sein, die einzelnen Teams mehr Eigenverantwortung erhalten. «Die Firma ist für die Mitarbeitenden da, nicht umgekehrt», sagt Adrian Lohri. Das bedeutet auch, Menschen zu integrieren, die nicht ins Schema F passen. Bisher hat das Unternehmen vier IV-Kunden erfolgreich eingegliedert. «Nicht genug», findet Adrian Lohri, «wenn wir nach unseren Werten leben wollen, werden Eingliederungen zum Normalfall werden.»

Durch Musik verbunden
Eine der eingegliederten Personen ist Andy*. Er führt Service- und Garantiearbeiten an E-Pianos und Gitarren aus. Andy ist ein leidenschaftlicher Musik-Freak. Sein Wissen ist riesig, für jedes Problem findet er eine Lösung. «Das kann man in keiner Ausbildung lernen. Über eine normale Stellenausschreibung hätten wir nie jemanden mit diesem Knowhow gefunden», sagt Adrian Lohri. Für Andy war wichtig, dass am Arbeitsplatz auf seine Bedürfnisse eingegangen wird. Wegen eines psychischen Leidens ist für ihn die Arbeit in einem Team oder Grossraumbüro schwierig. Bei Musik Hug kann er nun isoliert für sich arbeiten und hat eine klar definierte Bezugsperson. Oftmals ist es die Leidenschaft zur Musik, die Menschen mit einer gesundheitlichen Einschränkung zu Musik Hug führt. Ein Vorteil, wie Adrian Lohri sagt. «Das gibt Selbstbewusstsein und verbindet sie von Anfang an mit uns und der Arbeit hier.»

Schweizweit beschäftigt Musik Hug 190 Mitarbeitende an zehn Standorten. Der Firmenhauptsitz ist in Bülach. Ein moderner Holzeinbau beherbergt die Büros der administrativen Bereiche. Durch grosse Fenster blickt man hinunter in den Klaviersaal. Dutzende Flügel und Klaviere reihen sich aneinander. Hier können Kundinnen und Kunden die Meisterwerke ausprobieren, bevor sie sich zum Kauf entscheiden. Daneben werden in grosszügigen Werkstätten neben Tasten- auch Blas-, Zupf-, Streich- oder Perkussionsinstrumente repariert. Eine Halle weiter lagern in hohen Regalreihen tausende Zubehörteile. Zum Unternehmen gehört auch ein Grosshandel, der mitunter Instrumentenzubehör in über 40 Länder der Welt vertreibt.
Die Firma ist für die Mitarbeitenden da, nicht umgekehrt.
Ein neues Zeitalter
Menschen mit Handicap, Menschen ohne Handicap – Adrian Lohri glaubt, dass diese Unterscheidung in Zukunft irrelevant wird. «Jeder hat Handicaps, auch ich», sagt der gelernte Instrumentenbauer. In seiner Rolle als CEO könne er längst nicht alles gut. Das erwartet er auch von den Mitarbeitenden nicht. «Wir sind eine rollenbasierte Organisation», erklärt er. «Bei uns wählen die Mitarbeitenden die Rollen aus, die sie gut und gerne machen.» Die Funktionen sollen sich den Mitarbeitenden anpassen, nicht umgekehrt. Lohri ist es wichtig, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter seine Stärken und Schwächen ehrlich kommunizieren kann. Dabei sind die eingegliederten Personen willkommene Vorbilder: «Wenn diese Menschen zu uns kommen, wissen sie meist sehr genau, was sie können und was nicht. Sie haben gelernt, wie es sich anfühlt, wenn man in die ungesunde Stresszone kommt. Und das Wichtigste: sie sagen es deutlich.» So ist die Situation von Anfang an klar und die Firma kann das passende Setup schaffen. Adrian Lohri wünscht sich das als Normalfall. Die Maske, die man üblicherweise bei Bewerbungsgesprächen anlege, bringe niemandem etwas. Am Ende, so Lohri, seien auch Neuanstellungen von gesunden Menschen immer mit Überraschungen verbunden.

Adrian Lohris Vision für die Zukunft von Musik Hug ist von frischen Denkweisen geprägt. Sein Fokus liegt dabei auf dem Zwischenmenschlichen. «Mein Wunsch als CEO ist, dass wir unsere Beziehungsfähigkeit stärken – zu Kunden, zu Mitbewerbern, zu Mitarbeitenden und zur Umwelt und Natur», sagt er. «Wenn wir diese Kompetenz in unserer Arbeitsorganisation aufbauen, kommt der Erfolg automatisch.» Lohri ist überzeugt, dass Unternehmen, die eingliedern, nur gewinnen können. Und den Weg für eine neue Gesellschaft bereiten. «Unsere jetzige Wirtschaft ist noch stark vom nachindustriellen Zeitalter geprägt: Der Mensch als Ressource und Objekt, der wie eine Maschine funktionieren soll», sagt er. «Das muss und wird sich ändern.» Adrian Lohri spürt bei vielen KMU ein Umdenken. Sie setzen den Fokus statt auf die Schwächen eines Menschen auf seine Stärken und sein Potenzial. «Wer so denkt», sagt Adrian Lohri, «für den sind Eingliederungen ein No-Brainer.»
*Name von der Redaktion geändert
Integration konkret bei Musik Hug:
Die Firma ist im Musikinstrumente-Handel und -Unterhalt tätig und beschäftigt schweizweit 190 Mitarbeitende an 10 Standorten. Musik Hug besteht aus dem Detailhandelsunternehmen Musik Hug AG, dem Grosshandel Musica Nova AG und der Mietfinanz AG, die Instrumentenfinanzierungen anbietet. Bisher hat das Unternehmen vier Personen mit einem gesundheitlichen Handicap eingestellt.
Neueinstellungen: 4 | |
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2020: Ein Mann mit einer psychischen Einschränkung wurde nach einem 6-monatigen Arbeitsversuch bei Musica Nova zu 100% festangestellt. Er ist auf Pianos spezialisiert und arbeitet im Aussendienst und im Marketing. |
2022: Ein Mann mit einem psychischen Handicap arbeitet zu 80% bei der Musik Hug AG im Musikhaus Limmatquai. Er ist für den Verkauf und Webshop für Zupfinstrumente zuständig. |
2021: Ein Mann mit psychischen Themen ist nach einem 6-monatigen Arbeitsversuch bei Musica Nova zu 100% in der Werkstatt und Logistik sowie im Aussendienst auf Gitarren tätig. | 2022: Ein Mann mit einem psychischen Handicap arbeitet zwischen 60% und 80% bei Musik Hug in der Zentrale in Bülach. Er unterstützt das Webshop- und Datateam. |