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Juicetime GmbH
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Juicetime GmbH
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.
Doppelt nachhaltig
Juicetime GmbH (Gewinnerin 2022)
In der kleinen Produktionsküche wird Brokkoli gedämpft, Salat gewaschen, Quinoa gekocht, Federkohl mariniert und Randen-Hummus gemixt. Kaum zu glauben, dass hier auf dem Löwenbräu-Areal im Zürcher Kreis 5 jeden Morgen sämtliche Zutaten für sechs Restaurants zubereitet werden. Frisch, gesund und pflanzlich; etwas anderes kommt der Juicetime GmbH nicht in die Tüte. Auch Reto Sager ist oft in der Küche anzutreffen. Als Mitglied der Geschäftsleitung ist er zuständig für den Einkauf, die Produktion und die interne Logistik. Bei all diesen Aufgaben konzentriert er sich auf Nachhaltigkeit. «Die Herkunft der Rohstoffe und die Transparenz darüber», erklärt er, «sind für unser Unternehmen sehr wichtig.» Nicht nur bei den Produkten, auch beim Personal handelt die Firma nach dem Prinzip Verantwortung. Seit bald zwei Jahren beschäftigt die Juicetime GmbH einen Mitarbeiter mit einer psychischen Erkrankung.
Es ist das erste Eingliederungsprojekt für die Firma, und es hat sich organisch ergeben. Ein Angestellter von Juicetime kannte die Person und ihre Geschichte. Es handelte sich um einen gelernten Koch, der früher als Küchenchef mehrere Personalrestaurants von Grossbanken leitete. «Irgendwann ist er an der eigenen Perfektion gescheitert und in eine tiefe Depression gestürzt», erzählt Reto Sager, «er ist durch alle Maschen gefallen und hat sogar seine Wohnung verloren.» Durch den bestehenden Kontakt fiel der Firma die Entscheidung leicht, dem Mann eine Chance zu geben. Als er nach einer stationären Therapie wieder bereit war für den Einstieg in den Berufsalltag, konnte er bei Juicetime einen ersten Versuch starten. Er steigerte sein Pensum kontinuierlich, seit Oktober 2021 ist er zu 100 Prozent festangestellt.
Frische Ideen für die Gastro-Branche
Auch Juicetime stösst langsam an ihre Grenzen. Die Betreiberin der Gastronomiekette Roots eröffnete vor fünfeinhalb Jahren das erste vollvegane Restaurant der Stadt. Seither ist das Unternehmen kontinuierlich gewachsen, bald steht ein Umzug an. Eine neue, grössere Produktionsstätte wird den Ansprüchen der aufstrebenden Firma besser gerecht werden. Stetig weiterentwickeln will Reto Sager auch den Einkauf. Der studierte Agrarwissenschaftler hat eine Passion für Lebensmittel. Mit Begeisterung erzählt er von den Rohstoffen als der gesunden Grundlage aller Roots Restaurants. Kokoswasser zum Beispiel. Das lässt er nicht wie üblich pasteurisiert liefern, er bezieht es vom Produzenten in Sri Lanka frisch ab Nuss in gefrorenen Blöcken. So büsst es weder Nährstoffe noch Geschmack ein. Oder Bananenpüree: Diesbezüglich arbeitet er ebenfalls an einem Projekt, die Herstellung dort geschehen zu lassen, wo die Früchte wachsen. So wird die Verschiffung ganzer Bananen mit Schale vermieden. Und das Transportgewicht – und damit der CO₂-Abdruck – verkleinert. Sein Unternehmen sei in Sachen Nachhaltigkeit noch lange nicht dort, wo es hinwolle, merkt Reto Sager an. Doch der Wille, sich Schritt für Schritt an verschiedenen Ecken und Enden zu verbessern, ist gross.
Es ist eine Team-Aufgabe, einer Person mit Handicap ein Umfeld zu geben, in dem sie sich entfalten kann.
Auch um seine personellen Ressourcen sorgt sich das Unternehmen mit 65 Mitarbeitenden. In der Gastronomie sind die Arbeitsbedingungen oft hart. Unregelmässige Schichten, Zimmerstunden oder Piketteinsätze verunmöglichen vielen Angestellten Stabilität und Planungssicherheit im Alltag. Jucietime will eine neue Kultur schaffen. Als Ingenieur geht Sager das Problem systematisch an: «Wir arbeiten momentan an einem System, das all unseren Mitarbeitenden einen fixen Arbeitsplan ermöglicht», erklärt er. «Jede und jeder soll wöchentlich die gleichen Schichten und mindestens zwei aufeinanderfolgende Freitage haben.» Die Mehrheit des Führungsteams der Juicetime GmbH hat keinen Gastro-Hintergrund. Dies lässt sie mit einem frischen Blick und grossem Veränderungswillen auf gängige Probleme der Branche schauen.
Offene Kommunikationskultur
Flache Hierarchien und ein jederzeit offenes Ohr für jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter sind Teil der Firmenkultur. Und Reto Sager zufolge wichtige Voraussetzungen dafür, dass es gelingt, Menschen mit Handicap einzugliedern. «Den Erfolg einer Eingliederung», sagt er, «kann nicht eine einzelne Person bewirken. Es ist eine Team-Aufgabe, einer Person mit Handicap ein Umfeld zu geben, in dem sie sich wohlfühlt und sich wieder entfalten kann.» Seinen Beitrag leistet Sager, indem er versucht, nah beim Team zu bleiben. Zum Beispiel hilft er regelmässig in der Küche aus. Nur wenn er mit den Mitarbeitenden auch im Alltag auf Augenhöhe reden könne, spüre er, wie es jemandem wirklich gehe. Es sei ihm wichtig, mit jeder Mitarbeiterin, jedem Mitarbeiter ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, damit sie ihr Befinden stets ehrlich kommunizieren können.
Für sein Engagement bekommt Reto Sager viel zurück. Etwas vom Schönsten ist für ihn, wenn er erlebt, wie der ehemalige Küchenchef wieder Freude und Lust am Joballtag hat. Neulich hat das Restaurant eine neue Nudelsuppe eingeführt. «Es gab dabei ein hartnäckiges Problem mit der Temperatur», erzählt Sager. Der Mitarbeiter habe dann einen super Vorschlag gemacht. «Seine wiedergefundene Freude daran, Probleme zu lösen und der Stolz darauf, etwas zur Verbesserung unserer Produkte beizutragen, ist wahnsinnig schön zu spüren.»
Eine zweite Chance
Der Erfolg der ersten Eingliederung spornt das Team von Juicetime an, weitere Mitarbeitende mit Handicap einzustellen. Eine nächste Anfrage liegt bereits auf dem Tisch. Auch anderen Unternehmen legt Reto Sager ein solches Engagement ans Herz. «Auf einer persönlichen Ebene ist diese Aufgabe extrem bereichernd und sinnstiftend.» Es relativiere manchmal auch die eigenen Sorgen und bewirke, dass man öfters einen Schritt zurücktrete und die Ruhe bewahre. Und schlussendlich, findet Sager, sei es die Verantwortung jedes Arbeitgebenden, einen Beitrag für die Gesellschaft zu leisten. «Gerade während der Pandemie haben wir gesehen, dass es immer mehr Menschen gibt, die an einen Punkt im Leben kommen, wo sie überfordert sind.» Es könne nicht sein, dass sie dann einfach durch die Maschen fallen. Er sagt: «Es kann jeden treffen. Und jeder wäre in so einer Situation froh, wenn er die Chance bekommt, sich im Arbeitsmarkt wieder zu beweisen.»
Integration konkret bei der Juicetime GmbH:
Die Juicetime GmbH beschäftigt insgesamt 65 Mitarbeitende, viele davon in einem Teilzeitpensum. Die Firma ist bestrebt, die oft harten Arbeitsbedingungen in der Gastro-Branche zu verändern. Eine neu geschaffene Stelle (Community Managerin) kümmert sich explizit auch darum, die interne Gemeinschaft zu stärken und so ein ideales Klima für Eingliederungen zu bewahren.
Neueinstellungen: 1 | Arbeitsplatzerhalte: 5 |
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2021: Ein ehemals als Küchenchef tätiger Mann mit einem psychischen Leiden wurde nach drei Arbeitsversuchen à sechs Monate zu 100 % als Koch angestellt. (Verzögerung der Festanstellung wegen Corona-Pandemie.) | In den letzten fünf Jahren hat die Juicetime GmbH insgesamt fünf Arbeitsplätze erhalten. Beispielsweise beschäftigt die Firma eine Teamleaderin, welche eine Hirnblutung hatte und deswegen öfters aus gesundheitlichen Gründen ausfällt. |