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Esro AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Esro AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.
Eingliederung mit Präzision
Esro AG (Finalistin 2022)
In den Produktionsräumen der Esro AG surren und brummen dutzende hochpräzise Maschinen und Roboter. In schnellem Takt fertigen sie Zahnbürsten und Zahnhölzer, Interdentalbürstchen und Zungenreiniger, Mundspülungen und Pasten. Wenige Angestellte gehen den Automaten zur Hand. Hier wird präzise und steril gearbeitet. Nicht selbstverständlich, dass in dieser Firma auch Menschen mit Handicap Platz finden. Doch als Firmenchef Patrick Sutter von einem Integrationscoach der Stiftung Bühl angefragt wurde, ein Industriepraktikum für einen jungen Mann aus ihrer Einrichtung anzubieten, sagte er zu und richtete den gewünschten Praktikumsplatz ein. Silvio* machte seine Sache so gut, dass er inzwischen zu 100 Prozent bei Esro arbeitet. Er ist, wie Sutter betont, «ein wichtiger Teil des Teams».
Als Sutter 2012 zusammen mit Claudio Hostettler das Unternehmen übernahm, setzten die beiden auch die Tradition fort, mit sozialen Institutionen zusammenzuarbeiten. All die Zahnbürsten wollen verpackt werden, und einige dieser Tätigkeiten lassen sie in geschützten Werkstätten ausführen. Aus einer solchen war auch Silvio zu ihnen gekommen.
Gleiche Bedingungen für alle
Die Firma mit Sitz in Kilchberg ist seit ihrer Gründung 1969 auf die Herstellung von Mundhygieneartikel spezialisiert – sowohl für die eigene Marke Paro Swiss als auch für andere Marken. Das Unternehmen mit seinen 18 Angestellten liefert rund um die Welt, von Europa über die USA bis nach Australien. Trotz internationaler Geschäftsbeziehungen legen Patrick Sutter und sein Partner Wert auf ein familiäres Arbeitsklima. «Paro Swiss steht für ehrliche Mundhygiene», sagt Sutter, «daher muss es für mich im Bauch stimmen.» Jede und jeder seiner Mitarbeitenden soll morgens mit Freude zur Arbeit kommen.
Sutter ist überzeugt, dass jeder Mensch einen sinnigen Tagesablauf braucht, um ein erfülltes Leben führen zu können. «So klischeehaft es klingt», sagt er, «das Gebrauchtwerden ist enorm wichtig.» Wenn jemand die Chance packe, gebe er sie gerne. Eine gewisse Selbständigkeit setzt er voraus, damit eine Eingliederung funktioniert. Die Person müsse «pünktlich sein, sauber und sorgfältig arbeiten können. Und eine intrinsische Motivation mitbringen.» Diese Bedingungen stellt er gleichermassen an alle Mitarbeitenden. Als Chef sei er streng, aber fair. «Ich vertraue meinen Angestellten von Anfang an», betont er. Aber wie in einer Familie müssen sich alle an die Regeln halten. Nur wenn sich jede und jeder Einzelne Mühe gebe, funktioniere es. Diese Verbindlichkeit ist Patrick Sutter wichtig.
Sinnerfülltes Arbeiten
Silvio hat eine Lernschwäche. Er arbeitet sorgfältig und präzise, braucht aber länger, um etwas zu verstehen und umzusetzen. «Er kann sehr gut feine, filigrane Arbeiten ausführen», bestätigt Sutter. «Manche unserer Arbeiten erfordern höchste Sorgfalt», sagt er, «darin liegt das Geheimnis eines Top-Produkts.» Patrick Sutter möchte den Tätigkeiten Sinn geben, und erklärt all seinen Angestellten immer, warum etwas auf eine bestimmte Art gemacht werden muss. Bevor er die Esro AG übernahm, war der Manager bei amerikanischen Grosskonzernen tätig. Dort hat er erlebt, wie strenge Hierarchien und schwerfällige administrative Apparate die Menschen und ihre Motivation zurücklassen können. «Auf das Miteinander legen wir bei der Esro-Familie sehr viel Wert: Das Gefühl, ich werde gebraucht und bin wichtig.» Spätestens beim gemeinsamen Mittagessen im Pausenraum spürt er, wie es seinen Mitarbeitenden geht. Diese Gewohnheit ist dem Chef deshalb heilig.
Menschen mit Handicap sind ein Teil unserer Gesellschaft und müssen Platz haben.
Ein Gewinn für alle
Silvio geht es gut. Sein Job bei der Esro AG gefällt ihm. Die Festanstellung hat auch sein Leben jenseits der Arbeit verändert. Er sei offener und fröhlicher geworden, hat Sutter vom Vater des jungen Mannes erfahren. In seiner Freizeit geht Silvio wieder vermehrt aus dem Haus, trifft Freunde oder fährt in die Stadt einkaufen. Auch ein Unternehmen gewinnt, wenn Personen mit Einschränkungen in ihrem Job aufblühen. Das zeigt eine Anekdote, an die sich Patrick Sutter mit Stolz erinnert. Als sie zufällig mitbekamen, dass Silvio zuhause gerne am Computer und Handy herumbastelt, durfte er zur Probe eine Verpackungsmaschine bedienen. Zuerst sei sie ihm zu schnell gelaufen, als er den Ablauf aber kannte, ging es gut. Was Sutter richtig freute: «Als die Maschine einmal plötzlich ausstieg, brachte Silvio sie ganz alleine wieder zum Laufen.»
Die Identifikation mit der Firma, die sein Mitarbeiter gezeigt hat, und der Wille, proaktiv und selbständig Probleme zu lösen, gibt dem Chef die Bestätigung, dass sich sein Engagement auch für ihn als Unternehmer lohnt. Klar, räumt er ein, man brauche etwas mehr Zeit, aber was die ganze Organisation dafür zurückbekomme, sei kostbar. Jemand wie Silvio helfe, einen anderen Blickwinkel zu bekommen. «Das in Worte zu fassen, ist schwierig», sagt er. «Es entspannt, und es harmoniert dadurch anders im Team. Es gibt eine andere Stimmung. Eine schöne Stimmung.»
Platz schaffen für soziales Engagement
Die Esro AG hat bereits mehrere Personen erfolgreich in den ersten Arbeitsmarkt integriert. Für Patrick Sutter steht fest, dass jedes Unternehmen Menschen mit einer Einschränkung beschäftigen kann – wenn der Wille da ist. «Auch wir haben uns umorganisiert», sagt er. Man müsse die Strukturen im Team halt so schaffen, dass ein solches Engagement Platz habe. Als Besitzer der Firma haben Patrick Sutter und Claudio Hostettler die Freiheit, so zu handeln, wie sie es für richtig halten, können auch mal einen Rappen stehen lassen. «Aber», sagt Sutter mit Überzeugung, «selbst wenn ein Betrieb auf zweistelliges Wachstum und Kostensenkung aus ist; Menschen mit Handicap sind ein Teil unserer Gesellschaft und müssen Platz haben. Jeder Unternehmer hat eine soziale Verantwortung. Wenn viele etwas Kleines tun, dann kann man zusammen Grosses bewirken.»
*Name von der Redaktion geändert
Integration konkret bei der Esro AG:
Die Esro AG in Kilchberg beschäftigt 18 Mitarbeitende. Die Firma hat bestehende Kontakte zu den Integrations-Partnern der IV-Stelle, da sie einen Teil ihrer Arbeiten in geschützte Werkstätten auslagert. Aktuell beschäftigt die Esro AG drei Personen mit einer Beeinträchtigung, davon befindet sich eine in einem Arbeitsversuch. Ein weiterer Arbeitsversuch mit einer vierten Person ist in Planung. Zudem hat eine Frau nach erfolgreicher Eingliederung durch die Esro AG eine Anstellung bei einer anderen Firma gefunden, bei der ihr Arbeitsweg kürzer ist. Eine andere Mitarbeiterin ist nach einer über 30-jährigen Anstellung in den Ruhestand getreten.
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2021: Ein Mann mit psychischen Einschränkungen und einer Lernschwäche arbeitet nach einem Industrie-Praktikum zu 100% als Mitarbeiter Konfektion. |