Sprunglinks
Augenzentrum Ono AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Augenzentrum Ono AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.
Empathische Führungskultur
Augenzentrum ONO AG (Finalistin 2022)
Es ist Freitagnachmittag im Augenzentrum Ono in Wallisellen. Bis zum Feierabend müssen nur noch wenige Patienten behandelt werden. Sabrina Boner steht am Empfang und plaudert in breitem Bündnerdialekt mit den Mitarbeitenden. Hier ein Spruch, da ein aufmunterndes Schulterklopfen – die offene Art der stellvertretenden Geschäftsleiterin kontrastiert die nüchternen Räume der Augenarztpraxis und lockt selbst scheue Angestellte aus der Reserve. In dieser Atmosphäre können sich auch Menschen mit einer gesundheitlichen Einschränkung wohl fühlen. Boner bringt ihnen nicht nur gute Laune entgegen, sondern auch Geduld und Vertrauen. Sie wusste von Anfang an, wie wichtig das ist: Als ihr Chef auf die Idee kam, Arbeitsversuche anzubieten, weil man ja keine Lehrlinge ausbilde, war ihr klar, dass diese Mitarbeitenden zu Beginn keine Entlastung fürs Team darstellen würden. Dennoch war sie bereit, sich dem Projekt voll und ganz zu widmen. Bereits ihre erste Eingliederung wurde zu einer Erfolgsgeschichte, wie man sie sich schöner kaum vorstellen könnte.
Vom Burnout zur Praxismanagerin
«Jennifer* kam als verwelktes Blümchen zu uns, jetzt ist sie eine strahlende Sonnenblume», sagt Sabrina Boner und veranschaulicht damit die Entwicklung ihrer ersten Mitarbeiterin mit einem Handicap. Ein Burnout hatte die junge Frau gezwungen, ihren Beruf als Kleinkinderzieherin aufzugeben. Mehrere Jahre lang war sie nicht in der Lage zu arbeiten und fand den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt nicht. Bis sie bei der Augenzentrum Ono AG einen Arbeitsversuch starten konnte. «Anfangs war es sehr herausfordernd für sie», erzählt Sabrina Boner, «denn bei uns geht es manchmal wie im Bienenhaus zu und her.» Mit grossem Willen und eng begleitet von Boner stand Jennifer die sechs Monate durch. Danach finanzierte die IV-Stelle der jungen Frau die Ausbildung zur Arztsekretärin.
Seit November 2021 ist sie nun als Praxismanagerin in einer Filiale des Augenzentrums festangestellt und stockt im Sommer gar auf ein 80-Prozent-Pensum auf. Es ist eine verantwortungsvolle Position, in der man selbständig agieren und Probleme lösen muss. Dinge, die für sie vorher undenkbar gewesen wären. Ein eiserner Wille, wie ihn ihre Mitarbeiterin von Anfang an gezeigt hat, ist für Boner zentral, damit sich eine Eingliederung für beide Seiten lohnt. «Die Person muss Interesse an unserem Metier haben und sich vorstellen können, langfristig in unserem Betrieb zu arbeiten», betont sie. «Es kann sein, dass es manchmal nicht geht, aber der Wille muss immer da sein.»
Mit Humor motivieren
Die Atmosphäre im Unternehmen ist familiär. Man hilft einander, springt für den andern ein, wenn nötig. Bis zur Pandemie ist man regelmässig nach Feierabend gemeinsam ausgegangen. Dieser starke Zusammenhalt erleichtert Eingliederungen, denn dank ihm sind die Mitarbeitenden gerne bereit, eine Person mit Handicap zu unterstützen und einzuarbeiten. «Wenn man negative Stimmen im Team hat», erklärt Sabrina Boner, «dann fühlt sich auch die Person, die den Arbeitsversuch macht, nicht wohl.»
Die stellvertretende Geschäftsleiterin könnte kein besseres Vorbild sein. Ihr Humor und ihre positive Energie sind ansteckend. Sie ist überzeugt, dass das, was man vorlebt, zurückkommt: «Mein Team zieht mit mir am selben Strang, weil sie sehen, dass ich jede und jeden so nehme, wie sie oder er ist.» Sabrina Boner ist es wichtig, nah an ihren Angestellten zu sein. Wenn sie durch die Gänge der Klinik läuft, sieht sie sofort, wenn es jemandem nicht gut geht. Empathie und Einfühlungsvermögen sind auch Eckpfeiler ihrer Führungskultur. «Der Mensch hinter jeder Person ist mir wichtig. Der individuelle Charakter jedes Einzelnen steht in unserer Firma weit vorne. Man kann nicht alle gleich behandeln», sagt sie. «Jemand braucht hier mehr Unterstützung, jemand anderes woanders. Das wirkt vielleicht auf den ersten Blick unfair, aber diese Unterschiede muss man ausgleichen.»
Die individuelle Persönlichkeit jedes Einzelnen steht in unserer Firma weit vorne.
Sabrina Boner ist eine Macherin. Wenn es nötig ist, putzt sie auch mal den Kühlschrank. Das Credo des Unternehmens – einer für alle, alle für einen – gilt bis zum obersten Chef. «Wenn er seine Hilfe im Front-Office anbietet, lehnen wir aber meistens dankend ab», sagt sie schmunzelnd. Boner hat im Unternehmen als Optikerin angefangen und sich ihre heutige Position mit leidenschaftlichem Einsatz erarbeitet. Bereits während ihrer Lehrzeit ist ihr mit auf den Weg gegeben worden, dass aussergewöhnliche Leistungen honoriert werden. «Das will ich meinen Mitarbeitenden vorleben», sagt sie. «Es braucht jeden einzelnen, damit wir mit unserem Unternehmen Erfolg haben.»
Neues Selbstbewusstsein gewinnen
Die Früchte des Eingliederungs-Engagements der Augenzentrum Ono AG zeigen sich in kleinen, aber bezeichnenden Momenten. So war Jennifer unsicher, ob sie sich traut, an den Weihnachtsapéro zu gehen. Anlässe, bei denen die ganze Firma zusammenkommt, sind sozial stressig für sie. «Als sie plötzlich reingelaufen kam, sich auch noch schick gemacht hatte und sichtlich Freude daran hatte, war das unglaublich schön zu sehen», erzählt Sabrina Boner. Dass ihre Mitarbeiterin dank ihres neuen Jobs auch neues Selbstbewusstsein gewonnen hat, macht sie stolz.
Ihr Engagement sieht Boner als «eine schöne Geste.» Sie sagt: «Nach einem Rückschlag hat jeder eine zweite Chance verdient. Nur wenn man Menschen Chancen gibt, können sie sich auch beweisen.» Bisher hat das Unternehmen zwei Eingliederungen gemacht, beide erfolgreich. Eine Person hat nach dem Arbeitsversuch bei der Ono AG woanders eine Stelle gefunden. Das ist für Sabrina Boner eine Bestätigung ihres Engagements: «Mein Ziel ist es immer, dass die Person auf dem Arbeitsmarkt bestehen kann – auch ohne uns.»
*Name von der Redaktion geändert
Integration konkret bei der Augenzentrum Ono AG:
Die Augenzentrum Ono AG ist auf augenärztliche Untersuchungen und Operationen spezialisiert und beschäftigt in der Deutschschweiz 60 Mitarbeitende an 7 Standorten. Die Eingliederungen finden vor allem im Bereich des Front-Office und unter enger Führung der stellvertretenden Geschäftsleiterin statt. Die Firma bietet Praktika im KV-Bereich auch für Ungelernte an, und unterstützt diese bei Ausbildungen.
Neueinstellungen: 2 | Arbeitsplatzerhalte: 2 |
---|---|
2021: Nach einem Arbeitsversuch konnte eine Frau ein Praktikum machen und daneben die Ausbildung zur Arztsekretärin abschliessen. Inzwischen ist sie als Praxismanagerin angestellt. | Eine Ärztin fiel infolge eines Bandscheibenvorfalls über sechs Monate aus. Ihr Arbeitsplatz wurde mit ergonomischem Spezial-Mobiliar ausgestattet. Heute kann sie wieder vollständig arbeiten. |
2020: Eine Frau mit Epilepsie, ohne Ausbildung, konnte ein Praktikum und danach die Ausbildung zur Arztsekretärin absolvieren. Sie ist jetzt zu 80% im Front-Office angestellt. | Eine Frau war wegen eines Halswirbelbruchs fünf Monate arbeitsunfähig. Heute arbeitet sie wieder zu 100% als Technische Operations-Assistentin. |