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LANDI Furt- und Limmattal
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: LANDI Furt- und Limmattal
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.

Standort mit Herz
LANDI Furt- und Limmattal Genossenschaft (Finalist 2025)
«Dieser Standort ist einfach ein Glückstreffer» – wenn Peter Ringger von seinen acht Filialen der LANDI Genossenschaft schwärmt, dann nicht nur wegen dem Umsatz. Der 53-Jährige hat bei den vier Volg- und zwei LANDI-Filialen sowie den zwei AGROLA Tankstellenshops im Limmat- und Furttal nur indirekt mit Agrar-, Detail-, Brenn- und Treibstoffhandel zu tun. Der Geschäftsführer ist vor allem für den Bereich Personalwesen verantwortlich. Glücklich erscheint dem Personaler dieser Standort der weit verzweigten Genossenschaft, weil sich in der dicht besiedelten Region mühelos Arbeitskräfte finden lassen. Wo erhält man schon 400 Bewerbungen allein auf die Stelle eines Lieferwagen-Chauffeurs? «Fachkräftemangel», sagt Ringger, «kennen wir nicht». Und doch: Für ihn gehören in den Kreis der Mitarbeitenden unbedingt auch «Menschen mit erschwerten Voraussetzungen».
Zehn Prozent «Mitarbeitende mit erschwerten Voraussetzungen»
Auf zehn Prozent der fast 100-köpfigen Belegschaft trifft seine Bezeichnung zu. Seit der ersten Eingliederung im Jahr 2018 hält die Serie der Einstellungen an. Damals bewarb sich eine junge Mutter auf die Stelle einer Volg-Filialleitung. Aus ihrer Diagnose machte die damals 28-Jährige keinen Hehl: Multiple Sklerose. Das Risiko, bei einem plötzlichen Krankheitsschub Taggeld zahlen zu müssen, nahm man bewusst in Kauf. Und wie alle anderen Anstellungen, Arbeitsversuche und Eingliederungen seither, ist auch dieses Experiment geglückt. Bis dato folgten neun weitere Erfolgsgeschichten, oft mit Eingliederungsunterstützung durch die IV der SVA Zürich. Die Arbeit im Detailhandel fordert, doch die Fluktuation im Personal ist bei der LANDI Furt- und Limmattal Genossenschaft gering.
Der 53 Jahre alte Aussendienst-Mitarbeiter Erik* weiss, was es bedeutet, wenn ein Personalchef zu einem hält. Er berät Landwirte der Genossenschaft zu Saatgut, Düngemittel und Futter. Doch im März 2023 stürzte er vom Heuboden seines eigenen Bauernhofs – Schulter zerschmettert, Rückgrat gebrochen. Schon wenige Tage nach den ersten Operationen im Uni-Spital stand Peter Ringger am Bett des Kollegen und nahm ihm zumindest die Sorge um den Arbeitsplatz. «Du hast einen Kopf, der ganz ist und zwei Hände die funktionieren – das genügt», habe er zu Erik gesagt, «egal, wie schlimm deine Situation ist: du kommst zurück zu mir, deine Stelle ist dir sicher».
Erik konnte es kaum glauben, doch Ringger wusste genau, was er da versprach. Er tat es als Vater einer 20-jährigen, von Geburt an querschnittgelähmten Tochter. Auch als Vorstand in der Vereinigung Cerebral setzt sich Peter Ringger mit Paraplegie auseinander. Und er sollte Recht behalten: Schon ein Jahr nach dem Unfall war Erik wieder auf dem Weg zur Kundschaft. In einem umgebauten Automatik-PKW fuhr er zum Ortstermin bei einem Landwirt, um Massnahmen gegen den Befall des Weizens durch den Drahtkäfer zu besprechen.

Unterwegs im Aussendienst mit dem Elektro-Rollstuhl
Damit er sich auch auf unbefestigtem Boden selbst fortbewegen kann, wurde Erik ein zusätzlicher E-Rollstuhl mit extra breiten Reifen zugesprochen. Am Landi-Standort in Adlikon hat Ringger im Treppenhaus einen Geländer-Aufzug einbauen lassen, mit dessen Hilfe der Mitarbeiter selbständig ins Büro im ersten Stock gelangt.
Schon vor 14 Jahren griff das Solidarsystem, als ein Mitarbeiter beim Skifahren schwer verunglückte. Später entwickelte er das Parkinson-Syndrom. Mit inzwischen 35 Dienstjahren ist er immer noch im Betrieb – als IV-Bezüger mit einer 100-Prozent-Rente. Ringger sagt unumwunden, das sei «reine Beschäftigungstherapie», doch die Struktur des Arbeitstages sei nun mal «extrem wichtig» für den Alleinstehenden. Auch für das Team sei es nicht immer leicht, «aber wir wollen ihn nicht hängen lassen».

Auch bei Mara* öffnete Ringger den Job-Fallschirm, um die heute 43-Jährige vor einem Crash zu bewahren. Sie hatte nach elfeinhalb Jahren als rechte Hand des Chefs in einem grossen Detailhandelsgeschäft ein Burnout. Nach drei Wochen in einer psychiatrischen Klinik versuchte sie dort den Wiedereinstieg mit 50 Prozent, doch der Verkaufsleiter sagte ihr ins Gesicht: «Es wäre besser für uns alle, du würdest kündigen.» Über eine Integrationspartnerin der SVA Zürich kam Mara dann im Herbst 2020 an ein halbjähriges Praktikum bei Landi. Sie wurde danach mit 80 Prozent angestellt und fährt heute mit einer 100 Prozent-Anstellung Gabelstapler, füllt Regale oder bedient die Kasse. Sie sagt: «Ich bin unendlich froh darüber, dass ich die Chance hier bekommen habe.»
Dieser Standort ist einfach ein Glückstreffer.
Zu den erfreulichsten Fällen zählt Ringger die Integration von Sevda*. Als sie noch die 9. Klasse besuchte, wandte sich ihr Lehrer mit einem Hilferuf an Ringger, weil sie in keinem Betrieb unterkam. Sevda hat autistische Züge und war notenbefreit. Wenn sie eine Sache erledigt, dann ist sie nicht so flexibel, schnell mal wo anders einzuspringen, wenn jemand sie ruft. So eckte sie immer wieder an. Bei Landi durfte sie dann eine Woche lang schnuppern – und traf auf Verständnis. Sie begann eine zweijährige praktische Ausbildung (PrA), bekam wöchentliche Coachings durch die SVA Zürich und hat mittlerweile sogar eine Lehre mit Berufsattest (EBA) im Detailhandel begonnen.
Wie sehr Peter Ringger «Menschen mit erschwerten Voraussetzungen» am Herzen liegen, wird am Ende des Besuchs klar, als er sein Handy zückt, um dem This-Priis-Team noch schnell eine Reihe Bilder und Videos zu zeigen. Man sieht einen Skifahrer, der vor sich einen Skibob führt und in eleganten Bögen einen Hang hinunter gleitet. Im Bob: Erik. Der hatte Ringger einmal bei einem Besuch in der Reha betrübt zugeflüstert: «Mit dem Skifahren wird's auch nix mehr.» Da sagte Peter Ringger «Stopp!» Und schärfte dem Mitarbeiter ein: «Wir – ge - hen – Ski - fahr - en!» Ein paar Monate später buchte er ein Spezialtraining für Paraplegiker am Sörenberg im Kanton Luzern und dokumentierte das Erlebnis. Wirklich ein Glückstreffer dieser Standort.
*Name von der Redaktion geändert
Integration konkret bei der LANDI Furt- und Limmttal
Die traditionsreiche Agrargenossenschaft unterstützt Landwirte der Region bei der wirtschaftlichen Entwicklung ihrer Betriebe. Mit rund 100 Mitarbeitenden an acht Standorten, darunter LANDI- und Volg- Läden sowie Agrola-Tankstellen, ist das Unternehmen tief in der Region verwurzelt. Die wenigen offenen Stellen bei der LANDI Furt- und Limmattal sind sehr begehrt. Trotzdem berücksichtigt das Unternehmen bei der Stellenbesetzung Menschen mit körperlichen oder psychischen Einschränkungen. Damit schafft es wertvolle Chancen für eine nachhaltige Integration ins Berufsleben.
Neueinstellungen | Arbeitsplatzerhalt | Arbeitsversuche |
In den Jahren 2023 und 2024 konnten drei Festanstellungen mit schwierigen gesund-heitlichen Herausforderungen erfolgreich abgeschlossen werden. Besonders hervor-zuheben ist eine junge Mitarbeiterin, die mit einer praktischen Ausbildung (PrA) bei der LANDI gestartet ist und nun erfolgreich eine Lehre mit Berufsattest (EBA) begonnen hat. |
Die Sicherung des Arbeitsplatzes bei Krankheit oder Unfall gehört zur Führungskultur der LANDI Furt- und Limmattal. So konnte der Arbeitsplatz eines langjährigen Mitarbeiters nach einem schweren Unfall erhalten werden. Aus Sicht des Geschäftsführers, Peter Ringger ist die Arbeitsplatzsicherheit und die Unterstützung der Arbeitgeber im Genesungsprozess ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Rückkehr. |
Das Unternehmen ist offen für Arbeitsversuche. In den letzten zwei Jahren hat ein Arbeitsversuch zwar nicht zu einer Festanstellung geführt, war aber für beide Seiten eine bereichernde Erfahrung. Das vom Geschäftsführer authentisch gelebte Engagement für die Eingliederung wird von den Mitarbeitenden mitgetragen und führt zu mehr Akzeptanz auch bei schwierigen gesundheitlichen Herausforderungen. |