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Bösch-Gärten AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Bösch-Gärten AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.

Wo Menschen aufblühen
Bösch-Gärten AG (Finalist 2025)
Jeder Schritt ein Knirschen. Ein eisiger Wind geht übers Land. Rote Nasen, klamme Finger, die Lernenden der Bösch-Gärten AG schneiden, sägen, knipsen und zupfen in der Morgensonne an Staude, Strauch und Baum. Obergärtner Zähner hockt sich zu einem, stellt sich neben die andere. Wie heisst diese Pflanze? Was gehört weggeschnitten? Vermeintliches Gestrüpp soll ja im Frühjahr formschön spriessen und kahle Äste an den richtigen Stellen knospen und blühen. Diese verantwortungsvolle Arbeit erfordert Fachkenntnis. Und Hinwendung. Wie die jungen Menschen hier im Findlingspflanzgarten in Neerach, die nicht immer auf der Sonnenseite des Lebens standen.
Schon 2017 für den This-Priis nominiert
Als Patrick Bösch vor 17 Jahren seinen Ein-Mann-Betrieb gründete, hätte er sich nicht träumen lassen, dass er schon sechs Jahre später seinen ersten Mitarbeiter mit einer Beeinträchtigung und sozialen Schwierigkeiten beschäftigen würde. Sein Engagement brachte ihm 2017 einen Platz in der Endrunde des This-Priis. Seither ist das Geschäft enorm gewachsen. Aus der GmbH wurde eine AG, die Leistungen umfassen Beratung, Gartenunterhalt, Gartenbau und Hauswartungen. 17 Leute sind im Team, davon vier Lernende. Für manchen von ihnen ermöglichte Patrick Bösch eine Neuanfang.
Durch die Möglichkeit ein Arbeitsplatz mit einer Lehre zu erhalten, gelang einem Mitarbeiter, nach mehreren Jahren in diversen juristischen Institutionen, die Reintegration in die Gesellschaft. Ein anderer war aus einer Malerlehre entlassen worden, wo man ihm kaum mehr Anvertraute als Abkleben. Alkohol, gescheiterte Beziehung, Suizidgedanken, Psychiatrie – auf diesen Absturz folgte ein Neustart mit dem Lehrplatz in der Bösch-Gärten AG. Ein Lernender mit diagnostiziertem Autismus wiederum war in seiner vorangegangenen, nicht bestandenen Landschaftsgärtnerlehre, in einem anderen Betrieb ebenfalls stiefmütterlich behandelt worden. Er hatte «erschreckend wenig gelernt», wie Bösch feststellte. Mittlerweile wiederholt der 19-Jährige das 3. Lehrjahr in der Bösch-Gärten AG und arbeitet fest auf seinen Lehrabschluss hin.

Am bewegendsten für den Geschäftsführer und Inhaber der Bösch-Gärten AG ist nach wie vor die Laufbahn von Matthias*. Vor gut 11 Jahren gab er ihm, dem Bruder eines Kollegen, eine Schnupper-Chance. Erde, Pflanzen, frische Luft und ein respektvoller Umgang – all das war Matthias neu. Bis dahin hatte der Erwachsene mit autistischen Zügen seine Freizeit vor allem mit Fernsehschauen und Internetnutzung verbracht. Nun war er nach harten Arbeitstagen erschöpft, aber erfüllt. Bösch erinnert sich an die Worte der Mutter: Der Junge sei «wie ein umgedrehter Handschuh».
Patrick Bösch stellte Matthias ein, ohne zu ahnen, wie hart diese Anstellung ihn selbst fordern würde. Was tun mit einem 28-Jährigen mit kindlichem Gemüt, der weder Arbeitszeiten noch Flächen berechnen kann, sich intensiv für Automarken interessiert aber nicht für die Rechenaufgaben? Der schon mal einen Kunden verärgerte, weil er mit erdigen Stiefeln zur Toilette geht? Bösch wandte sich an die SVA Zürich und bekam über die IV-Stelle Coaching für Matthias zugesprochen. Ein dreiviertel Jahr lang finanzierte die IV eine Stunde pro Woche. Er selbst finanzierte ihm Mathematik Nachhilfeunterricht. Übte mit ihm auf Feldwegen das Autofahren für die Fahrprüfung, brachte ihm bei, wie man die Kundschaft zuvorkommend behandelt. Nach bestandener Landschaftsgärtner EBA Lehre hat nun Matthias sich an die EFZ Lehre gewagt. Eine persönliche Erfolgsgeschichte!

Patrick Bösch weiss aus eigener Erfahrung wie wichtig ein gutes und unterstützendes Umfeld ist. Er war im 2. KV-Lehrjahr bei der NZZ, als sein Vater ganz unerwartet, mit 53 Jahren, starb. Hätte er nicht solch gute Menschen um sich gehabt, in der NZZ, aber auch privat, wäre ein psychischer Absturz, vielleicht in Kombination mit Alkohol und Drogen nicht ausgeschlossen gewesen. Diese wohlwollenden Menschen unterstützen und begleiteten ihn in dieser bis anhin schwersten Phase seines Lebens und so konnte er seine Lehre noch beenden. An diese Hilfe erinnert sich Patrick Bösch bis heute und dies ist der Hauptantrieb, nun selber in der Lage, Menschen mit schwierigen Vergangenheiten und Hintergründe mit einem Arbeits- und Lehrplatz zu unterstützen. Später holte er die BMS und die Erwachsenenmatura nach, studierte Umweltnaturwissenschaften, absolvierte ein Seminar für Unternehmensgründung und startete seinen eigenen Betrieb aus der ETH heraus. Schon nach fünf Jahren drohte Bösch aufgrund einer chronischen Überlastung eine Insolvenz. Doch eine «gute Fee», die Kauffrau Antonia, brachte vor allem die in Schieflage geratene Administration nachhaltig in Ordnung.
Einen Chef wie Patrick Bösch habe ich noch nie erlebt.
Respektvoller Umgang mit Natur und Mensch
Im eigenen Betrieb nun konnte Bösch seine Werte leben und vermitteln: alles beginnt gemäss Überzeugung von Patrick Bösch mit dem Bewusstsein, gefolgt von der Achtsamkeit hin zur Wertschätzung. Und was man schätzt, das pflegt man, vom respektvollen Umgang mit dem Gegenüber, der Natur bis hin zum Fahrzeug und der Maschine.
Patrick Bösch liebt es, aus fast allem was zu machen. Eine Kundin ist ihrer Buschrosen überdrüssig, doch statt sie zu entsorgen, pflanzt er sie in seinen Findlingspflanzgarten, wo sie weiter gedeihen und blühen dürfen. Das Astwerk und den Grünschnitt seiner Kundschaft wird zu nährstoffreichem Kompost verarbeitet. Zu diesem Zweck kaufte er einen selbstfahrenden Kompostwender und erzeugt pro Jahr ca. 540m3 Kompost. Ausrangierte T-Shirts werden nicht fortgeschmissen, sondern werden von einer Schneiderin weiterverarbeitet. Aus dem Brustteil mit dem bestickten Bösch-B Logo gibt es entweder einen Tassenuntersetzer oder eine Serviette. Aus dem Rückenteil gibt es ein Abtrocknungstuch. Alle Teile beinhalten garantiert hunderte von Arbeitsstunden an frischer Luft in den Kundengärten und werden auf den Bösch-Gärten AG Website unter der Rubrik «Upcycling» angepriesen.
*Namen von der Redaktion geändert
Integration konkret bei Bösch- Gärten AG
Die Kerndisziplinen des 17-köpfigen Teams aus Neerach sind Planung, Bau- und Pflege von Gärten sowie der Unterhalt von Liegenschaften. Schon seit der Gründung der Bösch-Gärten AG vor 17 Jahren setzt sich Inhaber Patrick Bösch aktiv für die Integration von psychisch-sozial herausgeforderten Mitarbeitenden ein. Bereits 2017 war das Unternehmen Finalist des This-Priis und setzt sein Engagement konsequent fort.
Neueinstellungen | Arbeitsplatzerhalt | Arbeitsversuche |
Das Unternehmen hat in den letzten zwei Jahren drei Neueinstellungen ermöglicht. Ein Jugendlicher mit Asperger-Syndrom konnte im letzten Jahr eine Lehre als Gärtner Fachrichtung Garten- und Landschaftsbau beginnen. Ein älterer Mensch mit gesundheitlichen Einschränkungen erhielt eine Festanstellung mit einem Arbeitspensum von 80 Prozent. Eine junge Frau mit einer psychischen Erkrankung erhielt eine Festanstellung mit einem Pensum von 60 Prozent. |
Ein Mitarbeiter musste seine Lehre wegen eines Autounfalls abbrechen. Nach einer Rehabilitation ermöglichte ihm das Unternehmen den Wiedereinstieg. Ein weiterer Mitarbeiter mit Asperger-Syndrom arbeitet seit 10 Jahren im Unternehmen. Trotz erneuter gesundheitlicher Probleme bereitet er sich nun im Alter von 38 Jahren auf seinen EFZ-Abschluss vor. Er wird von einem Job Coach der IV-Stelle begleitet. |
Die Bösch-Gärten AG ist grundsätzlich offen für Arbeitsversuche, um Menschen mit gesundheitlichen Einschränkungen den Wiedereinstieg ins Berufsleben zu erleichtern. Zurzeit werden jedoch keine IV-begleiteten Arbeitsversuche durchgeführt. |