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Opernhaus Zürich AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award: Opernhaus Zürich AG
This-Priis: Der Arbeitgeber-Award
Der This-Priis ist der Zürcher Arbeitgeber-Award. Er geht an Unternehmen, die sich für die Integration von Menschen mit gesundheitlichem Handicap engagieren.

Bühne frei für Inklusion
Opernhaus Zürich AG (Finalist 2025)
«Hinter den Kulissen arbeiten enthusiastische und talentierte Menschen, wahre Künstlerinnen und Künstler, die uns jeden Abend das Rampenlicht überlassen. Den Applaus, hätten auch sie verdient. Denn wir – die Stars, Diven und Regisseure – wären nichts ohne die Menschen im Hintergrund» – diese Worte sprach der New Yorker Opern-Regisseur David Alden während seiner Inszenierung der Donizetti-Oper «Anna Bolena» an der Zürcher Oper. Zu lesen sind sie in einer Backstage-Story für die Zeitschrift «Schweizer Familie» und im «Tages-Anzeiger», das Opernhaus hat sie für die eigene Homepage aufbereitet.
Über die Hommage des Star-Regisseurs konnten sich nicht nur die 200 Mitarbeitenden freuen, die üblicherweise bei solchen Produktionen im Verborgenen werkeln, sondern alle rund 800 Angestellten in 146 Berufen, die das Opernhaus zu einer Adresse der Hochkultur von Weltrang machen – unter ihnen 25 Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen. Sie alle können stolz darauf sein, dass jede Saison rund 300 Aufführungen pro Jahr auf die Bühne kommen, bei zwölf Neuproduktionen wie die des Star-Regisseurs Alden vor vier Jahren.

Der grösste Arbeitgeber der Branche als Vorbild
2014 wurde dem Opernhaus Zürich an den International Opera Awards der Titel «Opera Company of the Year» zugesprochen, fünf Jahre später Platz eins in der Kategorie «Bestes Opernhaus». Dass in dieser glamourösen Welt der Superlative Menschen mit Handicap eingestellt werden, mag manchen erstaunen. Für Beat Henzirohs ist es Programm. Der Leiter der HR-Abteilung kooperiert mit verschiedenen Integrationspartnern und immer intensiver auch mit der SVA Zürich, der Präventions- und Integrationsversicherung im Kanton Zürich. Schon aus seinem «humanistischen Menschenbild» heraus hält der Personalchef diese Art des Engagements für geboten. Als grösster Arbeitgeber der Schweizer Kulturbranche sei das Opernhaus Zürich auch Vorbild für andere. «Die schauen was wir machen – und ziehen nach.»
HR steht hier nicht für «Human Resources», wie es früher hiess, sondern für «Human Relations». Und Beziehungen zu den Menschen am Arbeitsplatz pflegt Henzirohs nicht nur auf dem Papier, sondern am liebsten persönlich. Zum Beispiel in der Schneiderei. Das ist eine der zahlreichen Abteilungen neben Schreinerei oder Metallwerkstatt, Dekorationswerkstätten oder Theaterplastik, Schuh- oder Hutmacherei, die Alden im Sinn hatte. Dort ist eine autistische Mitarbeiterin beschäftigt, die man allerdings selten sieht. Ihr wurde erlaubt, Gewänder in der Heimwerkstatt zu nähen. Gespräche mit der Teamleitung und dem Team haben aber stattgefunden. Und ergeben: das ist machbar.
Eine Aussprache mit den Beteiligten hat auch dazu geführt, dass Lisa*, eine gestandene Herrenschneiderin, weiterbeschäftigt werden kann, obwohl sie unter einer starken rheumatoiden Arthritis leidet. Nach Jahrzehnten intensiver Arbeit für verschiedene Schneidereien waren irgendwann die Finger vor allem der linken Hand so stark verkrümmt, dass Lisa kaum mehr einen Stift führen konnte, geschweige denn Nadel und Faden. Zwei Jahre lang musste sie komplett aussetzen. Nach einer Operation kann sie nun die Finger, mit vier neuen Grundgelenken, wieder schmerzfrei bewegen. Als Henzirohs die Kollegin begrüsst und sich nach dem Befinden erkundigt, legt die 58-Jährige den Stoff zur Seite, den sie gerade als Futter für eine seidenartige Kniebundhose zurechtgeschnitten hat und sagt mit einiger Dankbarkeit in der Stimme: «Die feinmotorische Arbeit hier, das ist meine Therapie.»

Niederschwellige Angebote für Personal und Publikum
Zu jenen Menschen, die aus der Verwaltung heraus zum Erfolg der traditionsreichen Opernhaus-Aktiengesellschaft beitragen, gehört auch Jana*. Die 19-Jährige ist stark sehbeeinträchtigt. 2021 begann sie ihre KV-Lehre, wurde danach als HR-Assistentin und Mitarbeiterin Ticketing befristet angestellt und ist seit August 2024 mit im Ganzen 80 Prozent fest im Job. Sie arbeitet im Nachbarzimmer von Henzirohs an zwei grossflächigen Bildschirmen. Die wurden eigens für sie an einer schwenk- und ausziehbaren Spezialvorrichtung installiert, so dass sie immer die optimale Entfernung einstellen kann. An den sehoptimierten Screens erledigt sie das Ticketing und kümmert sich um Gastarbeitsverträge.
Die feinmotorische Arbeit hier, das ist meine Therapie.
Gespräche mit den Eingliederungsspezialisten der SVA Zürich halfen ihr zu erkennen, dass sie zuvor in der Buchhaltung nicht so gut aufgehoben war. Dort hatte sie andauernd Kopfschmerzen. Es war, trotz Bildschirmanpassung, einfach zu anstrengend, ständig Zahlen genau erkennen zu müssen. Wörter sind auch durch ihre Form und den Sinn im Satz leichter zu erkennen. Janas Tür ist immer offen und nur wer sie nicht kennt und von ihrer Einschränkung nichts weiss, wundert sich vielleicht, dass sie nicht zurückgrüsst, wenn man im Vorbeigehen einen freundlichen Blick hineingeworfen und die Hand zum Gruss gehoben hat. Umso feiner ist Janas Gespür für die Arbeitsatmosphäre. «Gleich bei ihrem Einstieg», erzählt sie, «habe ich gewusst: Das ist es!»
Das traditionsreiche Opernhaus Zürich hat einen Ehrfurcht gebietenden Namen und schafft es doch, nicht abgehoben-elitär zu wirken, sondern niederschwellig einladend. Für das nicht-künstlerische Personal ebenso wie für das Publikum. Um das zu unterstreichen, wird auch die aktuelle Spielzeit wieder mit «Kino und Oper für alle» ausklingen. Am 11. und 12. Juli 2025 werden sich wie in den beiden Vorjahren wieder Tausende in der Abendsonne auf den Steinplatten vor dem Operngebäude tummeln, auf Decken ihr Picknick auspacken oder von Klappstühlen aus auf der Grossleinwand verfolgen, was drinnen auf der Bühne gespielt wird – kostenlos. Gegeben wird am 12. Juli Jacques Offenbachs phantastische Oper «Les Contes d’Hoffmann», im französischen Original. Für manche ein Handicap. Doch die Mitarbeitenden hinter der Bühne haben vorgesorgt: Die Libretti werden deutsch und englisch übertitelt. Ganz inklusiv.
*Namen von der Redaktion geändert
Integration konkret bei der Opernhaus Zürich AG
Für seine Opern-, Ballett- und Konzertaufführungen geniesst das Opernhaus Zürich internationales Ansehen. Den erfolgreichen Kulturbetrieb halten 850 Mitarbeitende auf und hinter der Bühne am Laufen. Das Opernhaus setzt sich aktiv dafür ein, Menschen in schwierigen Lebenssituationen eine berufliche Perspektive zu bieten. In Bereichen wie der Schneiderei, Werkstatt und der Verwaltung erhalten auch Menschen mit Handicap die Möglichkeit, ihre Talente einzubringen und ihren Platz in einem vielseitigen Arbeitsumfeld zu finden.
Neueinstellungen | Arbeitsplatzerhalt | Arbeitsversuch |
2023 und 2024 haben drei Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen eine Festanstellung im Opernhaus Zürich erhalten. Die Arbeitspensen variieren zwischen 40 und 80 Prozent. Die Personen konnten in verschiedene Bereiche wie Verwaltung, Schneiderei und Kostümabteilung integriert werden. |
Das Opernhaus Zürich setzt sich aktiv für den Erhalt von Arbeitsplätzen ein. So wurde einem Mitarbeitenden, der aus gesundheitlichen Gründen seine bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte, intern eine neue Stelle angeboten. Eine Mitarbeiterin mit Autismus erhielt die Möglichkeit, ihre Näharbeiten von zu Hause aus fortzuführen. |
Das Unternehmen führt regelmässig Arbeitsversuche durch. Oberstes Ziel ist immer, den Betroffenen den Wiedereinstieg in die Arbeitswelt zu erleichtern. Nach Möglichkeit wird eine Festanstellung angestrebt. |