Die SVA Zürich übernimmt für den Kanton Zürich Aufgaben für die Umsetzung des Krankenversicherungsgesetzes (KVG): Prämienverbilligung, Rückerstattung der Verlustscheine der Krankenkassen, und seit 1. Oktober 2023 die Bearbeitung der Anträge auf Befreiung von der Versicherungspflicht. Durchführungsbericht fürs Jahr 2023.
Seit 2021 gilt im Kanton Zürich das revidierte Gesetz zur Prämienverbilligung (EG KVG). Die Mittel sollen jenen zugutekommen, die am meisten darauf angewiesen sind. Was die bedarfsorientierte Prämienverbilligung bedeutet, wurde erst richtig bewusst mit dem Versand der ersten Verfügungen auf Basis der definitiven Steuerveranlagung für das Jahr 2021. Das war im Herbst 2022. Nachdem 2021 basierend auf den letzten bekannten Steuerdaten Vorschusszahlungen für die Prämienverbilligung geleistet wurden, kam es nun erstmals zu definitiven Abrechnungen und damit zu Rückforderungen und Nachzahlungen. Die Emotionalität bei den Kundinnen und Kunden war hoch.
Die Prämienverbilligung als sozialer Ausgleich wurde 1996 eingeführt. Der Kanton Zürich hatte 25 Jahre lang einen sehr schlanken Prozess für die Durchführung der Prämienverbilligung. Wer einen Antrag von der SVA Zürich erhielt, hatte automatisch auch Anspruch auf die Prämienverbilligung. Alle unterjährigen Ereignisse wie Geburt oder Heirat meldeten die Gemeinden der SVA Zürich. Versicherte brauchten sich um nichts zu kümmern. Aber: Die Zusprache der Prämienverbilligung erfolgte auf Basis von Steuermeldungen, die drei Jahre oder noch älter waren.
Das bis 2020 geltende System war einfach für die Planung und Steuerung, sehr effizient in der Durchführung und hatte breite Bekanntheit in der Bevölkerung. Das System war aber nicht immer bedarfsgerecht. Mit der EG-KVG-Reform wurde die teilweise ungerechte Verteilung der Prämienverbilligung behoben.
Total aller anspruchsberechtigten Personen. *Stand 31. Dezember 2023, Anmeldefrist noch nicht abgelaufen.
Das neue Zürcher System für die Prämienverbilligung ist nicht leicht zu erklären. Um das Thema verständlicher für die Kundinnen und Kunden aufzubereiten, hat die SVA Zürich den Ablauf der Prämienverbilligung visualisiert. Die Prozessgrafik zeigt, wie das neue Zürcher System funktioniert und was es so anspruchsvoll macht.
Aufgrund des zweistufigen Zuspracheverfahrens (provisorisch/definitiv) überschneiden sich mehrere Prämienverbilligungsjahre. Im 4. Quartal 2023 beispielsweise produziert und verschickt die SVA Zürich definitive Entscheide für die Jahre 2021 und 2022. Zeitgleich beginnt der Versand der provisorischen Entscheide zur Prämienverbilligung 2024. Mit Hilfe der Prozessgrafik lassen sich die parallel laufenden Jahre einfach erklären.
Wer aufgrund der aktuellsten definitiven Steuerfaktoren Anspruch auf Prämienverbilligung hätte, erhält von der SVA Zürich einen vorausgefüllten Antrag. Wer ein Formular erhält, muss sich fragen, ob sich die Einkommens- und Vermögenssituation zwischenzeitlich positiv verändert hat. Die auf der Website der SVA Zürich publizierten Einkommens- und Vermögensgrenzen helfen beim Entscheid, ob ein Antrag eingereicht werden soll. Zudem können Kundinnen und Kunden mit ihren aktuellsten Steuerunterlagen den Online-Rechner nutzen und ihren Anspruch selbst überprüfen.
Die SVA Zürich informiert die Bevölkerung über die Gemeinden und die Medien über die Anspruchsvoraussetzungen. Es geht darum, die Personen zu erreichen, deren finanzielle Situation sich gegenüber der aktuellsten definitiven Steuerverfügung verschlechtert hat und die keinen persönlichen Antrag erhalten haben. Persönliche Ereignisse, die nach dem Versand der Anträge eintreten, kennt die SVA Zürich nicht. Für diese Personen steht auf der Website der SVA Zürich ein neutrales Antragsformular zur Verfügung.
Wer aufgrund der aktuellen definitiven Steuerfaktoren Anspruch auf Prämienverbilligung hat, bekommt automatisch einen Antrag. *Stand 31. Dezember 2023, es werden noch weitere Anträge verschickt.
*Stand 31. Dezember 2023, Nachversand im Februar 2024
Der Kanton Zürich setzt das Prinzip der bedarfsorientierten Prämienverbilligung konsequent um. Analog dem Steuersystem (provisorische und definitive Veranlagung), wurde für die Prämienverbilligung auch ein zweistufiges Zuspracheverfahren eingeführt. In einem ersten Schritt wird die Prämienverbilligung provisorisch berechnet, basierend auf den aktuellsten definitiven Steuerfaktoren. 80 Prozent des Anspruchs werden direkt an die Krankenversicherung überwiesen. Die definitive Verfügung folgt, sobald die definitive Steuerveranlagung für das jeweilige Prämienverbilligungsjahr vorliegt. Es gilt das Gegenwartsprinzip für die Berechnung des definitiven Leistungsanspruchs.
Das neue System ist komplex und wirft noch immer viele Fragen auf. Eine Systemumstellung von dieser Tragweite braucht mehrere Jahre, bis die Bevölkerung des Kantons Zürich damit vertraut ist. Die Einführung und Etablierung der neuen gesetzlichen Vorgaben ist als mehrjähriger Change-Prozess zu verstehen. Die SVA Zürich hat – in enger Abstimmung mit der Gesundheitsdirektion – entsprechend viel in die Aufklärung und Kommunikation investiert. Die Zahlen im Berichtsjahr 2023 zeigen nun, dass der Wandel langsam greift. Der Anteil der Rückforderungen für das Antragsjahr 2022 ist bereits etwas gesunken. Das liegt massgebend daran, dass der Eigenanteilssatz kontinuierlich gesenkt wurde. Festzustellen ist auch, dass die Krankenkassen selbst ihre Kundinnen und Kunden informieren und auf die Prämienverbilligung aufmerksam machen. Weiter bedeutend ist die Berichterstattung in den Medien, die Bewusstsein in der Bevölkerung schafft.
Um auch neue Einwohnerinnen und Einwohner im Kanton Zürich auf die Prämienverbilligung aufmerksam zu machen, hat die SVA Zürich im Winter 2023 einen neuen Flyer entwickelt. Ein QR-Code auf dem Flyer führt auf die Website der SVA Zürich. Diesen Flyer können die Gemeinden in ihrer Auslage auflegen, in der Kundenberatung abgeben sowie der Informationsmappe für Neuzuzügerinnen und -züger beilegen.
Das zweistufige Zuspracheverfahren widerspiegelt sich in den Zahlen zu den ausbezahlten Leistungen und in der Anzahl anspruchsberechtigter Personen. Die Werte variieren im Jahr und sind als Orientierungsgrösse zu sehen, bis der definitive Anspruch ermittelt werden kann.
Für die Prämienverbilligung 2022 wurden bis zum Ende der Anmeldefrist am 31. März 2023 insgesamt 302’660 Anträge eingereicht. Abzüglich der doppelt eingereichten, direkt abgelehnten sowie definitiv verfügten Anträge, erhielten 238'766 Haushalte eine provisorische Entscheidung für das Prämienverbilligungsjahr 2022.
Davon konnten im Berichtsjahr 2023 bereits 41 Prozent (97'120 Fälle) definitiv verfügt werden. Bei 24'993 Fällen musste die SVA Zürich Leistungen in der Höhe von 21 Millionen Franken zurückfordern. 61'644 Haushalte erhielten eine Nachzahlung im Gesamtbetrag von 64 Millionen Franken. Gegenüber dem Einführungsjahr 2021 ist der Anteil der Fälle mit Rückforderungen relativ um 13,7 Prozent zurückgegangen. Für 2022 kam es zu deutlich mehr Nachzahlungen. Diese Entwicklung ist der nachträglichen Anpassung der Eigenanteilssätze für das Jahr 2022 zuzuschreiben. Zum Antragsjahr 2023 kann noch keine endgültige Aussage gemacht werden, da Anmeldungen noch bis zum 31. März 2024 möglich sind.
Entscheide Stand 31. Dezember 2023 |
2021 |
2022 |
---|---|---|
Provisorische Entscheide total (Anzahl Fälle/Haushalte) |
196'205 (100%) |
238'766 (100%) |
Definitive Entscheide in % | 88% (171'351 Fälle) |
41% (97'120 Fälle) |
Nachzahlungen (Anzahl Fälle/Haushalte) |
74'013 | 61'644 |
Betrag Nachzahlungen | CHF 66,8 Mio. | CHF 64,2 Mio. |
Rückforderungen (Anzahl Fälle/Haushalte) |
67'477 | 24'993 |
Betrag Rückforderungen | CHF 82,4 Mio. | CHF 21 Mio. |
Kein Anspruch (prov./def.) (Anzahl Fälle/Haushalte) |
29'861 | 10'483 |
Der Regierungsrat des Kantons Zürich hat den Eigenanteilssatz für das Jahr 2023 nachträglich erneut gesenkt. Der Eigenanteil ist der Selbstbehalt für die Krankenkassenprämien, den die Versicherten, gemessen an ihrem massgebenden Einkommen, bezahlen müssen.
Für Verheiratete und eingetragene Partnerinnen und Partner sank der Eigenanteilssatz von 11,8 auf 5,9 Prozent. Für Einzelpersonen und Alleinerziehende von 9,4 auf 4,7 Prozent. Sinkt der Eigenanteilssatz, bedeutet das, dass die Kundinnen und Kunden mit einer höheren Prämienverbilligung entlastet werden können und weitere Personen Anspruch auf Prämienverbilligung haben. Der neue Prozentsatz wird bei der definitiven Berechnung des Anspruchs berücksichtigt.
Bei einer umfassenden Systemänderung wie der EG-KVG-Reform sind Justierungen aufgrund neu gewonnener Erfahrungswerte die Norm. Die Senkung des Eigenanteilssatzes zeigt Wirkung. Im Jahr 2022 stieg die Zahl der Fälle gegenüber dem Vorjahr um 22 Prozent auf 238'766. Für das Jahr 2023 erwartet die SVA Zürich einen erneuten deutlichen Anstieg von anspruchsberechtigten Personen.
Die SVA Zürich hat die Personen ermittelt, die für 2023 mit dem tieferen Eigenanteilssatz voraussichtlich Anspruch hätten, aber im Frühjahr 2022 keinen Antrag erhielten. Diese Personen erhielten rückwirkend einen Antrag für die Prämienverbilligung 2023 zugestellt. Der Nachversand erfolgte im ersten Quartal 2024 an 205'857 Haushalte. Für das Prämienverbilligungsjahr 2023 hat die SVA Zürich bis 31. Dezember 2023 gesamthaft 677 Millionen Franken an die Krankenkassen überwiesen. Aufgrund des grossen Nachversands im 1. Quartal 2024 dient der Wert nur als Orientierungsgrösse.
Alle Prämienverbilligungsleistungen unter Abzug von Rückforderungen für das Antragsjahr 2023, Stand 31. Dezember 2023.
Im Herbst gibt der Bund immer die Krankenkassenprämien für das nächste Jahr bekannt. Die für das Jahr 2023 kommunizierten Zahlen waren happig. Während für das Jahr 2022 die Prämien im Kanton Zürich um 0,2 Prozent sanken, stiegen sie ein Jahr später im Durchschnitt um 7,1 Prozent. Schweizweit betrug der durchschnittliche Anstieg der Krankenkassenprämie 6,6 Prozent.
Krankenkassenprämien gehören neben der Miete zu den grössten Posten im Haushaltsbudget. Steigen diese Fixkosten stark an, werden günstigere Alternativen gesucht. Dies zeigen auch die Zahlen der SVA Zürich. Der Prämienanstieg bei den Krankenkassen führte zu einem deutlichen Anstieg der Krankenkassenwechsel. Während 2022 die Kassenwechsel gar um rund 40 Prozent sanken, führte der Prämienschub 2023 zu einem Zuwachs von fast 120 Prozent.