Fokusthema: IV-Renten für junge Menschen

Die starke Zunahme der Anzahl an IV-Renten bei jungen Menschen aufgrund psychischer Erkrankungen ist ein dringendes gesellschaftliches Problem, das sich schweiz­weit zeigt.

Schweiz­weit über­proportionaler Anstieg

Trotz verstärkter Bemühungen seitens der IV-Stelle im Übergang von der Schule ins Berufs­leben hält dieser Trend auch im Kanton Zürich an. Ein inter­disziplinärer Ansatz könnte der Schlüssel zur Lösung sein.

Immer mehr junge Erwachsene auf IV-­Unter­stützung angewiesen

Der Anstieg der Anzahl der IV-Renten bei jungen Personen im Alter zwischen 18 und 24 Jahren aufgrund psychischer Erkrankungen ist besorgnis­erregend: Die Anzahl der Fälle steigt über­proportional zum Bevölkerungs­wachstum und hat sich seit 2017 mehr als verdoppelt. Dies zeigen die Zahlen für die ganze Schweiz.

  

Bild von Martin Schilt
Bild von Aline Biesuz
Bild von Vincens Rüedi

«Es handelt sich um ein gesamt­gesellschaftliches Phänomen, dessen Ursachen wir genauer unter­suchen müssen.»

Martin Schilt Leiter IV-Stelle

«Nur in Zusammenarbeit mit allen Beteiligten können wir nachhaltige Lösungen entwickeln.»

Aline Biesuz Prozessteamleiterin IV-Leistungen

«Indem die IV junge Menschen verstärkt beim Berufs­einstieg unterstützt, leistet sie einen bedeutenden Beitrag.»

Vincens Rüedi Prozessteamleiter IV-Leistungen

Aktuelles Vorgehen zeigt nur begrenzt Wirkung

Die letzte Gesetzes­revision der IV, die seit 2022 in Kraft ist, zielt unter anderem auf verstärkte Bemühungen im Über­gang von der Schule ins Berufs­leben ab. Dies ist auch berechtigt, und die intensivere Begleitung und Unter­stützung von Jugendlichen im Berufs­wahl­prozess, der Berufs­vorbereitung sowie im Berufs­einstieg zeigen Wirkung. Trotzdem reichen die bisherigen Vor­kehrungen nicht aus, um den Trend zu stoppen, oder es ist noch zu früh, als dass sich mögliche Effekte konkret zeigen.

Gesamt­gesellschaftliches Phänomen

Wo liegt also das Problem? Zum einen lässt sich international eine Zunahme psychischer Erkrankungen bei jungen Menschen beobachten. Zum anderen könnte ein Grund für den starken Anstieg in der Natur der psychischen Krank­heiten liegen. Diese können in Wellen­form verlaufen und deshalb regel­mässig wieder­kehrende Unter­stützung erfordern. Die aktuellen Möglichkeiten der IV berücksichtigen dies bisher zu wenig. Insbesondere ist ein Entscheid für eine Rente nicht allein die Lösung, weil sie eine nach­haltige Betreuung von Betroffenen verunmöglicht. Schulen, Behandelnde und die IV-Stelle müssen enger zusammen­arbeiten, um bessere Unter­stützung zu bieten. Martin Schilt, Leiter der IV-Stelle und Mitglied der Geschäfts­leitung der SVA Zürich, ordnet ein: «Es handelt sich um ein gesamt­gesellschaftliches Phänomen, dessen Ursachen wir genauer untersuchen müssen. Die zugrundeliegenden Aus­löser sind ausserhalb des Einfluss­bereichs der IV-Stelle.»

Interdisziplinäre Ursachen­forschung not­wendig

Um die aktuelle Entwicklung zu bremsen, braucht es ein genaueres Bild der Ursachen. Die SVA Zürich als Kompetenz­zentrum für Sozial­versicherungen möchte hier einen Anstoss zum Handeln geben. Martin Schilt betont: «Ein breiter inter­disziplinärer Ansatz ist erforderlich, um die Ursachen umfassend zu erforschen. Auch ein Blick ins Aus­land, wo dieses Problem ebenfalls besteht und intensiv untersucht wird, kann dabei wert­volle Erkenntnisse liefern.» Die SVA Zürich verfügt über die notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen, um dieses Thema in Zusammen­arbeit mit Partnern wie Eltern­vertretern, dem Gesundheits­system und Gesellschafts­forschern anzu­gehen und lang­fristige Lösungen zu entwickeln.