RIVA konkret

Wie ein «Comeback» nach Lehrabbruch gelingt

Der Jugendliche Rimon leidet unter Depressionen und hat Phasen starker Suizidalität. Seine erste Lehre musste er abbrechen. Wie er es im zweiten Anlauf – mit koordinierter Hilfe – dennoch geschafft hat in der Berufs­welt Fuss zu fassen, erzählt der Kinder- und Jugend­psychiater Dr. Christian Döring, Ober­arzt am Ambulatorium Horgen der KJPP Zürich.

Dr. Christian Döring im Ambulatorium Horgen
Dr. Christian Döring im Ambulatorium Horgen
Herr Dr. Döring, für Rimons «Comeback» haben Sie bewusst eine engere Zusammen­arbeit mit seiner IV-Berufs­beraterin bei der SVA Zürich gesucht. Welche Vorteile sehen Sie darin?

Für Rimons Genesung ist die Psycho­therapie zentral. Gleich­zeitig geht es aber auch darum, seine Ausbildung und den Einstieg ins Berufs­leben zu planen und voran­zutreiben, denn er soll ja bald auf eigenen Beinen stehen. Mein Fach ist die Kinder- und Jugend­psychiatrie. Frau Brusch hat viel Erfahrung und gute Kontakte, wenn es darum geht, einen jungen Menschen mit einer gesund­heitlichen Einschränkung in die Arbeits­welt zu integrieren. Das ergänzt sich sehr gut. Später haben wir uns auch regel­mässig mit Rimons zweitem Ausbildungs­betrieb ausgetauscht, das war auch wichtig. Grund­sätzlich sollten sich alle Beteiligten vernetzen und ihre Mass­nahmen koordinieren. Unterm Strich spart das Zeit und führt oft zu besseren Lösungen.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit mit Frau Brusch erlebt?

Sehr kollegial, verbindlich und lösungs­orientiert. Ich habe gemerkt: Da ist jemand, der dasselbe Ziel verfolgt wie ich. Ich denke, das war gegen­seitig. So entstand schnell ein Vertrauens­verhältnis und ein unkomplizierter Austausch.

Sie raten Ihren Kolleginnen und Kollegen zu einer engeren Zusammen­arbeit mit der IV-Stelle der SVA Zürich. Wo sehen Sie die Hürde?

Die Möglichkeiten und Leistungen der SVA Zürich sind vielen Kolleginnen und Kollegen im Detail zu wenig bekannt. Die IV wird oft mit der IV-Rente gleich­gesetzt. Da ist aber viel zu kurz gedacht. Das Ziel der Mit­arbeiterinnen und Mit­arbeiter der SVA Zürich ist es, für den Klienten oder die Klientin die beste Lösung zu finden, damit er oder sie eben NICHT auf eine Rente angewiesen ist. Bei Rimon und auch in anderen Fällen haben sich aus der Zusammen­arbeit mit der SVA Zürich sehr gute Lösungen ergeben. Es lohnt sich, den Kontakt zu suchen.

Was bringt das koordinierte Vorgehen den Kundinnen und Kunden?

Sie spüren Wert­schätzung, fühlen sich gehört und merken: Meine Psychiaterin oder mein Psychiater, die SVA Zürich und mein Lehr­betrieb bilden ein Netz­werk für mich. Gerade bei depressiven Menschen ist es wichtig zu vermitteln: «Du bist uns wichtig!» Das gibt Sicherheit und macht positive Veränderungen möglich. Rimon ist ein gutes Beispiel dafür, was das bewirken kann.

Was bringt es den Eltern?

Entlastung. Rimons Mama zum Beispiel war extrem froh. Sie überblickte die Situation selbst gar nicht mehr. Aber sie spürte, dass da Menschen sind, die gemeinsam an Rimons Gesund­heit und seinem Einstieg ins Berufs­leben arbeiten. So konnte sie sich auf andere Dinge konzentrieren. Zum Beispiel kochte sie jeden Tag mit viel Liebe für ihren Sohn.

Was bringt es dem Lehrbetrieb?

Bei Rimons zweiter Lehr­stelle haben wir auch seinen Berufs­bildner stark in unseren Austausch eingebunden. In der Regel per Telefonkonferenz oder Zoom. So war er immer über den aktuellen Stand der Therapie und die vorgeschlagenen Schritte aus Sicht der IV-Stelle informiert. Gleich­zeitig war es für mich als Behandelnden wertvoll zu hören, welche Themen im Lehr­betrieb auftauchen. Wenn ich diese Themen als relevant eingeschätzt habe und Rimon einverstanden war, habe ich sie in die Therapie aufgenommen. Umgekehrt konnten Therapie-Fortschritte im Lehr­betrieb direkt umgesetzt werden. Das ist dann eine Win-win-Situation.

* Name geändert